ReichSein – Piccolo zeigt Forumtheater
Feuilleton | Von CGA Verlag | 29. März 2014Forck-Schüler ahnen, wie Theater funktioniert / „Produziert aus uns selbst“
Cottbus. Wie fühlen sich Kinder, die nicht mit Markenklamotten, teuren Schultaschen und exotischen Ferienreisen angeben können? Was bewegt sie, wenn Eltern das Geld zur Klassenfahrt nicht aufbringen können oder wollen? Möchten sie dann lieber reich sein?
„ReichSein“ heißt das Stück von Reinhard Drogla und Matthies Rau, das diese Woche im Piccolo als Forumtheater Premiere hatte. Das Kindertheater verfügt über sehr gute Schauspieler, die ihr Publikum mit geringster Ausstattung in teils extrem reduzierter Gestensprache fesseln können.
Matthias Heine spielt einen frustrierten Sportlehrer, er sowie Dennis Katzmann (auch Vater), Hauke Grewe, Maria Schneider und Lisan Lantin (außerdem auch Mutter) sind die Schüler, unter denen es knistert. Angeberei bringt Ansehen. Jasmin (Maria Schneider zieht auf diese Graue Maus Mitgefühl und Sympathie), deren Eltern sparsam leben, wird mit ihrem Jute-Sportbeutel verspottet. Ihre ältere Schwester hat sich längst der Clique angepasst, erlügt das ReichSein, kann shuffeln (schöne Tanzeinstudierung!) wie die anderen und blenden. Für Jasmin wird die Situation unerträglich, sie klaut der Mutter Geld, um so zu sein, wie die anderen. Schnitt.
Das Stück bricht ab, wird nach der Pause szenenweise abgerufen. Die Kinder im Saal, zur Premiere Dritt- und Sechstklässler der Gottfried-Forck-Schule, können jetzt eingreifen. Die Szene anhalten, Figuren korrigieren, Dialoge ändern. Es ist erstaunlich, wie direkt das passiert, wie auch die Schauspieler auf die neuen „Regieeinfälle“ improvisierend einsteigen.
Matthies Rau und Reinhard Drogla, der auch Regie führt, haben das Stück geschrieben. Besser: „Wir haben es aus uns selbst produziert. Biografien geschrieben, Szenen gebaut“, sagt Drogla. Jetzt greifen Kinder ein: „Anne soll hinhören, was Jasmin sagt“, fordert ein Mädchen. Moderator Werner Bauer bespricht sich mit den Schauspielern. Kann das funktionieren? Die Kinder ahnen, wie Theater entsteht. Alles endet im gegenseitigen Beifall: Kinder für Darsteller, die für die Kinder.
Am 8., 9. und 10. April sind weitere Vorstellungen. Auch für Erwachsene sehr erbaulich!J.Hnr.