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Guben: Grüne Wiese am Abzweig Haagstraße

Bilder aus der alten Neißestadt Guben | Von | 15. November 2011

damals111015_guNur ein Bäcker blieb 1939 übrig / Bewegende Erinnerungen aus der Grünen Wiese Ecke Haagstraße
„Die herrlichen Wohnhäuser standen in der Grünen Wiese, Abzweig Haagstraße“, schreibt Wilfried Donat wie viele weitere Leser und setzt fort: „Aufgenommen wurde das Foto vom Vorplatz der damaligen Kreissparkasse. Die Grüne Wiese, heute ul. Piastowska, führt entlang der Lubst und Neiße und war ein bevorzugtes Wohngebiet betuchter Gubener Geschäftsleute. Ausdruck dafür sind die zahlreichen Villen. Im Hintergrund links ist das Parkhotel vor der Jungfernbrücke über die Lubst zu erkennen. In der Villa des Tuchfabrikanten Zuschke, heute die Nummer 18, befindet sich heute die Euroregion Spree-Neiße-Bober. Das Haus wurde am 21. September nach umfangreichen Modernisierungsarbeiten der Öffentlichkeit zur Nutzung übergeben.“
Torsten Henning mailte uns: „Zum aktuellen Bild aus dem alten Guben hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit meinem Großvater Otto Schulze. Er konnte viele Details aus dem Jahr 1939 schildern; aus dem Jahr stammt wahrscheinlich auch dieses Bild. Sein Geburtshaus liegt nur hundert Meter von dem Ort der Aufnahme entfernt.
Das Bild zeigt den Kreuzungsbereich Grüne Wiese mit Abzweig Haagstraße links hinten im Bild, mit Fortsetzung nach rechts rüber zur Lubsbrücke in den Lindengraben. Die Häuserzeile in Bildmitte steht komplett nicht mehr. Vorn links im Bild ist die Ladeneinheit der Bäckerei Kieschke zu sehen. In Fortsetzung ist das Parkhotel Grüne Wiese 4 zu erkennen, das vornehmste Hotel am Platz mit 44 Betten (3 bis 4,50 Mark pro Nacht, mit Bad und fließend Wasser).
Rechts im Bild, im ersten Gebäudeteil, hatte der Fotograf
Rosendahl seinen Laden. Das anschließende Haus ist das Hospiz-Betel, Grüne Wiese 3. Das Hospiz hatte 20 Betten, der Inhaber hieß damals Ernst-Wilhelm Röpke. Im Haus selbst, mit separatem Eingang beim Fenster, wohnte 1939 ein Geiger und Cellospieler vom Stadttheater Guben, bei dem mein Großvater zu seiner Zeit Unterricht für 5 Mark pro Stunde bekam, um so sein Mitwirken am Schultheater des Gymnasiums voran zu bringen. Über dem Hospiz waren folgende Worte in großen Buchstaben zu lesen: ‘Fürchte Dich nicht, glaube mir’ und ‘Ein Jeglicher sei gesühnt, wie Jesus Christus auch war’ und ‘Gott ist nahe allen, die ihn rufen’. Mit dem Enkel des Hospiz-Inhabers, Wolf-Dieter Röpke, ging mein Großvater in das Gymnasium, deren Freundschaft alle Wirren dieser Zeit überstanden haben.
Ab dem Gebäude rechts (Fotograf) in Richtung Lindengraben steht leider auch kein Haus mehr.“
Karl-Heinz Nitschke ergänzt in seiner Mail: „Im Hospiz waren wir als Kinder oft zum Kindergottesdienst.“
Wolfgang Ruby erzählte uns
aus seiner Familiengeschichte: „Meine Eltern wohnten in der Haagstraße 15, das Geschäft geradezu. Es war die Bäckerei Kieschke. Herr Kieschke hatte das Geschäft aus Altersgründen aufgegeben, und 1937 haben meine Eltern Anton und Helene Ruby das Geschäft übernommen, kurz zuvor hatten meine Eltern geheiratet. Schon 1939 wurde mein Vater eingezogen, meine Mutter führte das Geschäft weiter mit nur einem einzigen verbliebenen Bäcker und ihrer Schwester, die aushalf. Als meine Mutter 1943 erfuhr, dass ihr Ehemann und Bäckermeister in Russland gefallen war, gab sie das Geschäft auf. Rechts neben dem Schaufenster, die beiden hellen Fenster gehörten zu unserem Schlafzimmer, dort bin ich auch geboren. Die hellen Streifen am Putz rechts und links der Tür stammen von den Fahrrädern, die hier angestellt wurden. Es war die schönste Gubener Straße mit einer Besonderheit: Zwischen Haagstraße 5 und dem Parkhotel befand sich ein Lichtband, erzählte mir meine Mutter vor einiger Zeit. Rechts sieht man Fotos am Tor. Hier arbeitete der Fotograf Herbert Rosenthal, ein Jude. Er hatte nach dem Erzählen meiner Mutter wegen der Grausamkeiten der Nazis seinem Leben selbst ein Ende gesetzt.“
Ausführlich schreibt auch Bärbel Koschack und ergänzt: „Die stattlichen Häuser hinter der Bäckerei gehörten zur Grünen Wiese 4 und 2. Nr. 4 ist das Parkhotel, Inhaber Heinz und Wilhelm Temm. Nr. 2 gehörte dem Kaufmann Paul Wolf, 1920 dem Tuchfabrikanten C. Wolf. Dort wohnten Persönlichkeiten wie Bürgermeister bis 1933 Hermann Sachse und die Ärzte Dr. Paul Lohn und der Jude Dr. Ernst Kaplan. Inhaber des Hospizes ‘Bethel’ mit Buchhandlung war Ernst Wilhelm Röppke. Um 1930 hatte der Friseur Walter Kabisch im rechten Flügel sein Geschäft. Das Haus von Herbert Rosenthal, 1907 von ihm gekauft, hat den Krieg überstanden. Es ist heute ein Mietshaus. Das Foto muss Anfang der 30er Jahre entstanden sein, denn das Parkhotel steht schon.“



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