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Guben: Die Villa eines ehrenvollen Gubeners

Bilder aus der alten Neißestadt Guben | Von | 16. Februar 2013

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Villa Berthold Lißner, Alte Poststraße, mit Droschke

Wohnhaus erzählt Schicksal der Fabrikantenfamilie Berthold Lißner
Nur wenige Leser erkannten offensichtlich das markante Haus wieder. Gerhild Sägebrecht tippte am Telefon lediglich auf die Straße: „Es könnte eine der Villen in der Alten Poststraße sein. Von den Droschken erzählte mir noch meine Mutter früher. Droschken und Personal waren stets fein herausgeputzt. Aber nur betuchte Gubener konnten sich den Luxus damals leisten.“
Bärbel Koschack recherchierte und fand heraus: „Die schöne Kutsche mit dem Zweispänner steht in der Alten Poststraße vor dem Haus Nummer 32. Es gehörte 1920 Berthold Lißner, später seinen Söhnen. Im Haus wohnten auch der Chauffeur und weitere Angestellte. Berthold Lißner lebte von 1857 bis 1928. Seit 1897 wohnte er in diesem Haus. 1939 tauchte der Name Lißner im Einwohnerbuch nicht mehr auf. Da er Jude war, wurde er enteignet.
Im April 2004 erwarb der ehemalige Gastwirt Wolfgang Teske dieses Anwesen.
1889 gründete Berthold Lißner die Hutfabrik Berthold Lißner, später Berlin-Gubener Hutfabrik AG in der Uferstraße 26, die Stadtverwaltung in DDR-Zeiten. Er war ein Förderer des Gubener Ruderclubs 1905 und war am Bau des Bootshauses an der Neiße beteiligt. Er besaß später die Hutfabrik in der Winkelstraße 3, auch Berlin-Gubener Hutfabrik. Dort gibt es heute eine Straße mit seinem Namen. Auf dem ehemaligen Fabrikareal stehen schmucke Einfamilienhäuser und ein leerer Einkaufsmarkt.
Das Haus war zu DDR-Zeiten das Parteihaus der SED. Nach der Wende mal kurz das Arbeitsamt.“
Die letztere erwähnte Nutzung bestätigte auch Uwe Heberle: „Nach der Schule wurde ich in dieses Haus vorgeladen. Ein Arbeitsamtsmitarbeiter versuchte, mich zu meinen Berufsvorstellungen zu beraten. Die Räume hatten damals leider viel von ihrem ursprünglichen Charme verloren.“
Sehr umfangreich schrieb Wolfgang Teske: „Auf dem Kutscherbock sitzt der Arbeiter und Kutscher Wilhelm Küpfer. Er war bei dem Fuhrunternehmer Willy Penack, Alte Poststraße 14, angestellt. Im Einwohnerbuch von 1920 werden folgende Unternehmen aufgeführt. Fuhrwerke: Kraftwagen, Droschkenbesitzer, Leichenwagenbesitzer, Müllabfuhren und Andere Fuhrwerke. Unter letzterem ist Willy Penack aufgeführt. Im Straßenverzeichnis Alte Poststraße 14 wird auch noch ein August Penack genannt.
Die Fabrikantenvilla war von 1897 bis 1938 im Besitz der Hutfabrikantenfamilie Berthold und Henriette Lißner. Der Baumeister Otto H. Schultze erbaute die Villa mit Seitenflügel und Waschhaus 1882. Das 2?145 Quadratmeter große Grundstück kaufte der Baumeister 1881 von der Märkisch-Posener-Eisenbahngesellschaft.
Die beiden Söhne von Berthold Lißner mussten 1938 unter faschistischem Druck die Villa an die vier Kinder des Gubener Tuchfabrikanten Albert Richter jun. verkaufen. Wegen der Arisierung der Tuchfabrik und der beiden Villen Alte Poststraße 23 und 32 waren die Immobilien von 1938 bis 1942 im Alleinbesitz des Wollkaufmanns Ernst Rinter. Es wurden Militärtuche hergestellt. Er fiel 1945 bei Halbe. Deshalb war die Villa Nr.32 bis 1947 wieder im Besitz von Albert Richter jun. und wurde dann an die KPD verkauft.
Obwohl es sich um ein Baudenkmal handelte, wurde nach 1947 baulich viel verändert. Zwei große Salons wurden von der SED als Schulungs- und Versammlungsräume bis 1989 genutzt. Dann nutzte das Arbeitsamt das Haus. Anschließend – 2004 – kaufte ich von der Treuhand die Immobilie. Ich war damals Berliner, wohnte während der Sommermonate auf meinem Landsitz in Kaltenborn. Mit dem Kauf erwies ich dem Hutfabrikanten eine verspätete Ehre und bemühte mich, die von Vandalismus und Verfall bedrohte Villa nach und nach zu sanieren. Eingeschlossen ist der wunderschöne Hofgarten mit urwüchsigen und vielen Nachpflanzungen. Im Foyer erinnert ein Chanukka-Leuchter an eine jüdische Gubener Familie, an ihren Anteil an der Gubener Stadtentwicklung und an die enorme persönliche Leistung von Berthold Lißner, der von 1898 bis 1919 Stadtverordneter war. Dem Gubener Ruderclub 1905 schenkte er das Grundstück für den Bau eines Bootshauses. Er wurde zum Ehrenmitglied ernannt.“ Weiter fügte Wolfgang Teske Auszüge aus bereits erschienenen Artikeln an, so beispielsweise aus dem Heimatbrief 2/2002, in dem Winfried Kabisch über die Geschichte der Gubener Hutfabrik schrieb.



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