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„Wollen beitragen, die Industriearbeitsplätze in der Region zu halten“

Wirtschaft | Von | 25. November 2016

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Im März diskutierte der IHK-Präsident Peter Kopf in Cottbus über die Bedeutung des Handelsabkommens TTIP. Im Export sieht er noch großen Nachholbedarf in Brandenburg Foto: Profi-Foto Kliche

Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Cottbus, Peter Kopf, sieht große Wandel-Chancen

Seit Jahresbeginn ist der Cottbuser Unternehmer Peter Kopf Präsident der Industrie- und Handelskammer Cottbus. Das Gründungsmitglied der Wirtschaftsjunioren der IHK erklärt im Gespräch, warum er für die Region weder schwarz noch grau, sondern mit den richtigen Weichenstellungen ganz viel weiß sieht.
Herr Kopf, seit Jahresbeginn sind Sie IHK-Präsident. Welches Thema bereitete Ihnen am meisten Kopfzerbrechen?
P. Kopf: Ein ganz wichtiges ist der Fachkräftenachwuchs. Er wird in allen Umfragen als große Sorge unserer Unternehmen genannt. Dann natürlich der Strukturwandel in der Lausitz vor dem Hintergrund der Energiewende sowie die Frage, wie die Infrastruktur unserer Region zukunftsfähig ausgebaut werden kann.
Sie sehen im Strukturwandel große Chancen für die Region. Welche sind das?
Der Strukturwandel kann Anstoß zur Modernisierung und höherer Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen sein. Wir haben zwei große Trends, denen wir uns stellen müssen. Zum einen der langfristige Ausstieg aus den fossilen Rohstoffen, zum anderen die rasant voranschreitende Digitalisierung. Da bieten sich Chancen für ganz neue Geschäftsideen und Geschäftsfelder. Und es bieten sich Anstöße zu Neugründungen, beispielsweise aus dem Umfeld der Hochschulen heraus. Hier geht es auch um die bessere Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft. Bei allem darf man aber nicht vergessen, dass der Hochtechnologiestandort Deutschland eine sichere und bezahlbare Stromversorgung benötigt. Die Erneuerbaren Energien können erst dann tatsächlich die Versorgung garantieren, wenn das Speicherproblem gelöst ist. Wir müssen den Strukturwandel systematisch organisieren und begleiten. Mit der Innovationsregion Lausitz GmbH hat die Wirtschaft der Region einen solchen konkreten Impuls gesetzt. Wir wollen dazu beitragen, so viele Industriearbeitsplätze wie nur möglich in der Region zu halten.
Sie wünschen sich, dass die Lausitz an einem Strang ziehen solle. Wie definieren Sie die Lausitz und in welche Richtung soll der Strang denn gezogen werden?
Die Lausitz hat keine exakt geographisch definierten Grenzen, im Gegensatz zu einem Bundesland oder einer Verwaltungseinheit. Die Lausitz ist dennoch eine reale historische Region in Südbrandenburg und Ostsachsen. Für die Lausitz gilt es, gemeinsam – das heißt an einem Strang – sowohl in Brandenburg als auch Sachsen Projekte voranzubringen, um beispielsweise die Verkehrsinfrastruktur, die digitale Infrastruktur oder auch die Ausbildung von Fachkräften weiter zu entwickeln und so die Region als Ganzes zukunftsfähig zu machen.
Welche Sorgen hat der Mittelstand derzeit und wie kann hier Abhilfe geleistet werden?
Südbrandenburgs Wirtschaft  ist wie in ganz Brandenburg von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt. Sie stellen zirka 98 Prozent des Unternehmensbestandes. Diese kleinen Unternehmen haben oft Schwierigkeiten, neue Investitionen zu stemmen. Das ist ein großes Problem, gerade mit Blick auf die Herausforderung der Digitalisierung. Hier brauchen unsere Unternehmen massive Hilfe. Dazu kommen, wie schon angesprochen, die fehlenden Fachkräfte, die Folgen des Strukturwandels, die Ungewissheit beim Thema Braunkohle sowie die generelle Exportschwäche in Südbrandenburg. Wichtig ist, dass die Unternehmen solide wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen erhalten, so dass sie all diese Herausforderungen bewältigen können.
Eingeführt wurde von der IHK ein Siegel für Ausbildungsqualität. Was ist der Gedanke hinter diesem Siegel?
Das Fachkräfteproblem lässt sich nur über Ausbildung lösen.  Angesichts der hohen Studierneigung der Schulabgänger müssen wir mehr Anreize für eine duale Ausbildung geben. Wir wollen daher über das Siegel jungen Menschen zeigen, wie attraktiv und hochwertig die duale Berufsausbildung in den verschiedensten Branchen unserer Region sein kann.
Welche Wirtschaftszweige bereiten Ihnen beim Wachstum Sorgen?  
Sorgen macht, wie schon angesprochen, die Zukunft der Braunkohlebranche – auch im Hinblick auf ihre zahlreichen Zulieferer und Dienstleister. Probleme haben auch solche Dienstleister anderer Branchen, die fast nur für einen einzigen Großkunden arbeiten. Schwierig sind, vor dem Hintergrund des wachsenden Online-Handels, auch die Perspektiven des stationären Handels im ländlichen Raum. Ansonsten sind derzeit alle Branchen in einer sehr guten konjunkturellen Lage. Da möchte ich keine gesondert herausgreifen.
Sie sehen großes Potenzial in der Tourismusbranche. Ist das nicht die Angst vieler, dass nach der Braunkohle der Tourismus das einzige Zugpferd der Region sein wird?
Tourismus ist wichtig und muss gefördert werden. Aber er wird den Verlust von Industriearbeitsplätzen nicht kompensieren können. Wir sind eine traditionsreiche Industrieregion. In der Industrie findet die stärkste Wertschöpfung statt. Und in Südbrandenburg haben seit jeher sowohl der Tourismus als auch die Industrie immer ihren Platz gefunden und bilden keinen Gegensatz.
Welche Rolle spielt die Verkehrsinfrastruktur beim Wachstum der Wirtschaft?
Einer der großen Vorteile Südbrandenburgs ist die zentrale Lage in Europa. Daher sehe ich durch eine gute Verkehrsinfrastruktur viel Entwicklungspotenzial bei der Industrie, in der Logistikbranche, aber auch in anderen Branchen. Dafür sind jedoch leistungsfähige Autobahnen, Straßen und Schienen wichtig. Und mit Eröffnung des BER kann die Region noch mehr davon profitieren. Die aktuellen Neuerungen im Bundesverkehrswegeplan sind deswegen mehr als erfreulich. Dazu hat auch die IHK Cottbus  ihren Anteil beigetragen.
Wenn Sie einen Achtklässler überzeugen wollen, hier in der Region als Fachkraft tätig zu werden, mit welchem Argument würden Sie diese Überzeugungsarbeit leisten?
Es gibt sehr viele hochqualifizierte Ausbildungsplätze in unseren kleinen und mittelständischen Unternehmen. Hier bieten sich ganz viele Chancen. Der Vorteil ist, dass man in den kleineren Unternehmen sehr schnell selbständig und eigenverantwortlich arbeitet. Erworbenes Wissen kann man daher sehr schnell  praktisch anwenden und viel dazulernen. In den kleinen Betrieben mit flachen Führungsebenen stehen zudem für gute Leute viele Karrierewege offen – bis hin zur Unternehmensnachfolge. Dazu kommen Punkte wie Heimatverbundenheit und Lebensqualität.
Im Gubener Plastinarium war zu hören, dass die jungen Fachkräfte nicht ewig in der Neißestadt bleiben. Die weichen Standortfaktoren wie ein Kino, eine Disko und vielfältige Freizeitangebote sind auf dem Land Mangelware. Ist die Lausitz einfach zu unattraktiv für junge Leute?
Es  sollte nicht verkannt werden, dass auch die Städte in der Lausitz viel zu bieten haben. Vor allem junge Familien fühlen sich in der Lausitz sehr wohl und auch die Studenten in Cottbus, Senftenberg und Wildau loben die Studienbedingungen sehr. Und mit guten Verkehrsanbindungen in die benachbarten Metropolen lassen sich die Vorteile beider Welten kombinieren.
Bereitet der Kammer die US-Wahl Sorge?
An den engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA wird sich nicht viel ändern. Problem ist eher, dass die derzeitige geopolitische Lage rund um den Globus grundsätzlich Anlass zur Sorge gibt.

Vielen Dank für das Gespräch.
Mit Peter Kopf sprach
Mathias Klinkmüller



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