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„Mahagonny“ – man muss es mögen

Feuilleton | Von | 24. März 2017

170325 Mahagonny 8

Sie wird zum aufgerissenen Schlund, die Karussellrampe, und der unersättliche Jakob Schmidt (Dirk Kleinke) frisst sich darinnen zu Tode Foto: Marlies Kross

Anmerkungen zur Brecht-Weill-Oper unter Evan Christ im Staatstheater

Cottbus. Brecht und Weill in der ostdeutschen Provinz – das klingt schon spannend, ehe sich irgendein Vorhang hebt:  „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“, eine Oper in drei Akten.
Gespielt wird das kapitalismuskritische Stück europaweit auf großen Bühnen, und meist ist es klangvolles Gaudi. Die Luft ist raus. Die 1930 in Leipzig (UA) bemobbte Oper, die eine Unterhaltungswelt „kulinarischer“ (also allein auf Genuss zielender) Singspiele aufs Korn nahm, ist längst selbst Teil der überladenen Bankette. In operettenhaften Ausstattungsorgien (auch in Cottbus, hier aufgetischt von Barbara Blaschke, Regie: Matthias Oldag) spöttelt das Theater plakativ über alle Maßlosigkeit und schillernde Verführungen des Kapitalismus. Im Großen Cottbuser Haus  rotiert alles schrill, wie sich der kleine Mann im Parkett Las Vegas vorstellt, und das ist eher peinlich bei einer musikalischen Leitung von daselbst; Evan Christ ist in Las Vegas aufgewachsen.
Aufstieg und Fall einer rauschenden Stadt  in der Wüste hat zum Beispiel Cottbus ab 1990 drastisch in einem historischen Fenster erlebt, durch das sich Gegenwartsbezüge nur so aufgedrängt hätten. Geiler Frühkapitalismus, so wie Brecht und Weill ihn, damals längst bräunlich verwuchernd, vor Augen hatten. War da nichts künstlerisch aufzusammeln? Aber wer soll’s machen? In Rostock hat die Brecht-Enkelin Johanna Schall eine Gegenwarts-Verortung versucht; mit mäßigem Erfolg.
Der Leipziger Oldag stieg auf den sicheren Klamauk-Hügel. Evan Christ ließ in den Songs brechtsche Poesie all-weill schillern und dazwischen die Instrumente schnarren, plärren und krächzen, aber der scharfe Biss, in dem sich die genialen Kulturstörer so trefflich ergänzten, war nicht zu spüren. Dafür erlebte das schon in der zweiten Vorstellung nicht mehr vollzählige Publikum seine geliebten Opernstars in Glanzform.
Die in der Wüste verunglückten Autofahrer stürzten staubwolkig in die Szene und fanden sich alsbald auf einer Art Berg-und-Tal-Bahn vom Viehmarkt-Rummel zusammen, wo zu den jeweilig würzigen Teilgeschichtchen wie in einer Nummern-Revue köstliche Bilder arrangiert wurden. Der Augenschmaus ist kaum zu übertreffen, und wenn dann noch die scharfen Girls und Buben aus dem Ballett ums Karussell tanzen (Choreografie Dirk Neumann), kann das Publikum nur, wie vorgedruckt, „mehr!“ rufen.
Es geht, wie wir wissen, um Geld und Sinnlichkeit, wobei laut Brecht Ersteres das Zweite befördert, und wer kein Geld hat, wird aufgehängt. So endet der arme Jim (ein hier enthusiastisch aufgehender Jens Klaus Wilde), während sich Herr Jacob Schmidt (ein gierig-glücksvoller Dirk Kleinke) zuvor schon zu Tode gefressen hat. Es gelingt allen diese satirische, oft sarkastische Zuspitzung, die von Slapstick zu Slapstick treibt. Gelassen bleibt die große Leokadja Begbick (eine ideal besetzte Carola Fischer). Hardy Brachmann sucht Ordnung als Fatty. Deutlich verhalten provokant fremdelt Debra Stanley als Jenny, während die beiden übrigen Holzfäller, Sparbüchsenbill (Christian Henneberg), und Alaskawolf-Joe (Ingo Witzke), keine Karussell-Runde auslassen. Kraft gibt alldem der Opernchor (Christian Möbis), aber alles in allem geht der Hurrican wohl an Cottbus vorbei. Immerhin gab’s viel Applaus. Die nächste Vorstellung ist am 7. April. Hnr.



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