Abstand halten, lautet das Gebot der Stunde. Keine gute Losung für eine Gesellschaft, der der Zusammenhalt auch ohne Corona zunehmend verloren geht. Aber die Dramatik, die sich in Brandenburgs Krankenhäusern derzeit abspielt, gebietet strenge Maßnahmen. So hat auch Ministerpräsident Woidke die vorauseilende Verschärfung der Corona-Regeln begründet. Schon seit Montag, 19.04, herrscht nächtliches Ausgehverbot im Lande, Schulen und Kitas sind, wie etwa im Spree-Neiße-Kreis, bei einer Inzidenz über 200 zu schließen. Kultur und Freizeit (etwa Museums- und Tierpark-Besucher) wurden erneut schon bei der Marke 100 gekappt. Die Politik betreibt lustvoll Pandemie-Arithmetik, ohne dass sich die Lage verbessert oder Vertrauen neu aufgebaut werden kann. Nach den Grenzziffern 35, 50, 100 oder 200 ist die 165 neu ins Spiel gekommen. Es wirkt wie ein Feilschen auf dem türkischen Basar, und diesmal betrifft es zudem noch die Schulen, in denen die Übersicht, wer was wann wirklich noch lernt, längst verloren gegangen ist. Distanzunterricht ab Inzidenz 165. Warum das? Warum ist das Raster für Schulen deutlich gröber als für die Allgemeinheit, die bei 100 Einschränkungen hinzunehmen hat? Sind Schulen das neue Experimentierfeld? Die Meinungen der Pädagogen, aber auch der Elternvertretungen, gehen weit auseinander. Einig sind sie sich nur im Unverständnis, dass nach einem vollen Jahr Pandemie für ein so wichtiges Feld wie Sorgepflicht in Schulen und Kindergärten noch immer keine wissenschaftlich begründete, bundeseinheitliche Lösung gefunden wurde. Eben hat Brandenburg die 200er Marke für Präsenzunterrichts- und Versammlungsverbot festgelegt, da kommt aus dem Bund für Schulen die 165. Warum eigentlich nicht auch für Versammlungsverbote? Die Teilnehmer dort werden doch auch immer jünger. Es deutet sich an: Politik hat noch viele Möglichkeiten, sich das Wahlvolk auf Distanz zu halten. J.H.
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