Auf den Spuren der Skythen im Werderturm / Lehrwerkstatt ist einzigartig in Deutschland
Region (ha). Einen höchst lehrreichen Tag in der Doppelstadt Guben-Gubin empfehlen wir mit dieser Tour. Zuerst soll es zum Werderturm gehen, der direkt neben der Museumskammer im Gubiner Stadtzentrum steht, danach in Deutschlands einzige anatomische Lehrwerkstatt für die Plastination von Menschen und Tieren.
Um beide Stationen zu verbinden, ist der Freitag zu empfehlen. Dann werden die Gäste zwischen 10 und 15 Uhr sehr herzlich von den Mitgliedern des Museumsvereins – auch auf Deutsch – begrüßt. In der Museumskammer, die neben Alt-Gubener Exponaten auch die Zeit der polnischen Stadt eingefangen hat, erhält der Besucher den Schlüssel für die über 410 Jahre alte Holztür des Werderturmes, der allen Kriegen trotzte und Teil der Stadtbefestigung war. Auf den Etagen inmitten der 2,75 Meter dicken Mauern ist der Geist der alten Stadt zu spüren. Von der Krone aus sind die Arbeiten am Turm der ehemaligen Stadt- und Hauptkirche gut zu erkennen. Der einstige Kirchturm, der dem Werderturm die Show stiehlt, seit er im letzten Jahr vorübergehend wieder für Besucher zugänglich gemacht wurde, wird erst Mitte April wieder für jedermann geöffnet. Die Skythen, deren Goldschatz-Fund die Region 1882 berühmt machte, kannten beide Türme jedoch noch nicht. Der Werderturm entstand erst runde 2 000 Jahre nach ihrer Herrschaft, die noch sehr im Dunklen liegt. Über sie erfährt man trotzdem so einiges in der Museumskammer. Beide – Kammer und Turm – sind kostenfrei zu erkunden.
Der Gubener Historie folgt auf unserer Tour ein Besuch in eine besondere Werkstatt. „Unsere acht Ausstellungen sind in der ganzen Welt unterwegs. Aber nur hier in Guben ist der Entstehungsprozess bis hin zum fertigen Plastinat aus der Nähe zu beobachten“, hebt Rurik von Hagens hervor, Sohn des Erfinders dieser unerreichten Technologie, Prof. Gunther von Hagens. „Diese Chance nutzen natürlich nicht nur Besucher, die sich für die menschliche Anatomie interessieren. Studenten aus der ganzen Welt sind regelmäßig für Tage und Wochen zu Gast“, erzählt er. 20 Medizinstudenten absolvierten hier gerade zwei Wochen lang ihr Curriculum und können hier unter Anleitung präparieren, was an ihrer Universität nicht möglich ist. „Professor Eduard Borzyak, mein Vater und Dr. med. Wolodja Chereminskiy, aber auch alle Präparatoren stehen in den Fachkursen den Studenten zur Seite.“ Nicht nur Studenten aus Europa, Asien, Amerika nutzen die Lehrwerkstatt, auch deutsche Studenten gehen regelmäßig ein und aus im Plastinarium. „Die Medizinische Akademie Prometheus in Berlin hat eine Kooperation mit unserem Haus geschlossen, um die Vorbereitung auf ein medizinisches Studium auf hohem Niveau gewährleisten zu können“, ergänzt der Leiter der Einrichtung. Das Wissen wird auch von gestandenen Medizinern und Physiotherapeuten genutzt.
Die Arbeitszeiten der Präparatoren wurde so gestaffelt, dass zu allen Öffnungszeiten (Fr-So 10-18 Uhr) die Besucher den Mitarbeitern auf die Finger schauen können. Der Freitag ist trotzdem zu bevorzugen, denn dann sind die meisten Präparationsplätze besetzt. Vor allem die Stationen der Präparation, bei der die Körper zerlegt werden und die filigrane Fixierung der Organe, Muskeln, Adern, Nervenbahnen… vor der Härtung sind sehenswert.
61 hervorragend ausgebildete Mitarbeiter sind im Plastinarium tätig. „Wir haben eine sehr gute Auftragslage, vor allem von Universitäten in der ganzen Welt. Deshalb suchen wir anatomisch Vorgebildete oder Interessierte, die den Beruf des Präparators erlernen möchten“, gibt Rurik von Hagens mit auf den lehrreichen Weg.