Schöne Erinnerungen sind auch diesmal geweckt worden. Peter Keuntje aus Kolkwitz schreibt, dass es sich um das Haus der Bauarbeiter handelt: “…vom schönen großen Saal ist nichts geblieben. In der Nähe sind meine Geschwister und ich aufgewachsen. Die Wohnung der Eltern lag an der West-Seite der Bahnhofstraße; vom Dach der Nr. 76 hatte man einen wunderbaren Blick über das Quartier: der Schillerplatz gleich nebenan, der große Springbrunnen mit den Märchen-Figuren, das imposante Theater mit den vielen Löwen und Putten hatten aus kindlicher Sicht schon etwas Abenteuerliches!
Anfang der Siebziger Jahre haben wir uns über den Strom fast Gleichaltriger gewundert, der jeden Sonntagnachmittag unterwegs war in Richtung Haus der Bauarbeiter. Was war denn da los?
Es war die Jugenddisco von 15 bis 21 Uhr, die sonntags unser Interesse geweckt hatte. ‘Das ist noch nix für euch!’ sagten unsere Eltern – wenn überhaupt, dann erst nach der Jugendweihe! Unsere Jugendweihen fanden von 1973 bis 1976 in eben diesem Haus der Bauarbeiter statt. Der Große war der Erste, und nun hatten wir wenigstens mal einen Eindruck, wie es drinnen aussah. Er war dann auch der Erste mit seinen Klassenkameraden bei der Jugenddisco. Nach meiner Jugendweihe 1974 gingen wir dann zusammen zum ‘Schiebchen-Ball’, wie die Großmutter das betitelte. Ab 1975 nahmen wir unsere Schwester in die Mitte. Vor dem Eingang gab es fast immer ein schlimmes Gedränge – einige wenige Jugendliche nutzten jede Gelegenheit zu Revierkämpfen. Der Schallplatten-Unterhalter (DJ) war Günter Künzel, der damalige organisatorische Leiter des Hauses. Am Tisch mit Plattenspieler und Tonbandgerät lehnte eine weiß gestrichene Hartfaser-Platte mit der Aufschrift ‘Günter’s Diskothek’ und einigen bunten Lampen als Licht-Orgel. Er wählte die Musik aus und kündigte sie dem Publikum an. Ich sehe noch heute die gleichmäßigen Reihen der Jugendlichen auf der Tanzfläche, die versuchten, sich irgendwie zu den Gary-Glitter-Glamrock-Titeln, wie ‘Rock’n Roll Part II’, zu bewegen. Naja, schön ist anders… (aus heutiger Sicht).
Später bekam Günter Künzel Unterstützung durch den Techniker des Hauses, Peter ‘Paul’ Grohmann. Günter konnte dann in Ruhe seine Ansagen machen. 1976 übernahm Manfred ‘Manne’ Bauer die organisatorische Leitung des Hauses. Peter ‘Paul’ Grohmann hatte seine ‘Pappe’ (Spielerlaubnis als Schallplatten-Unterhalter) in der Tasche und war nun der verantwortliche DJ. Unter Manne Bauer wurde der Jugendclub des HdB gegründet, dem wir beitraten – das HdB wurde für uns zum Zweit-Wohnsitz. Wir mussten uns dann auch nicht mehr am Einlass herumschlagen; vor Beginn der Veranstaltungen waren wir schon vor Ort. Im großen Saal fanden oft Feste der Großbetriebe statt, bei deren Ablauf die Mitglieder des Jugendclubs die HdB-Gaststätte unterstützten. Wir halfen beim Stellen der Tische und der Bestuhlung, beim Auflegen der Tischdecken und beim Eindecken. Während der Veranstaltungen arbeiteten wir als Kellner oder halfen als Servicekräfte beim Abräumen der leeren Gläser und Gedecke. Damals wurde in den geschlossenen Räumen noch geraucht und die Aschenbecher mussten geleert werden. Es ging auch mal ein Glas zu Boden. Die Scherben wurden schnell aufgefegt und die Flüssigkeiten weggewischt. Meist fanden diese Veranstaltungen an Samstagen statt. Sonntags wurden dann vormittags die Restarbeiten erledigt und der große Saal gesäubert. Auf dem Parkett wurden Öl-Späne verstreut, anschließend wurde alles durchgefegt (das Öl band den Staub, pflegte das Parkett und verbreitete einen angenehmen Geruch).
Zum Mittagessen ging’s mal schnell rüber in die Bahnhofstraße, mitunter kamen auch Freunde aus dem Jugendclub mit zum Essen. Dann wurden letzte Vorbereitungen für die Jugenddisco getroffen. Da wir Brüder Interesse an Musik und Technik hatten, haben wir ‘Paul’ Grohmann bei den technischen Vorbereitungen unterstützt und die Bühne präpariert. Die Disco-Bar wurde gestellt, die Tonbandgeräte und Bänderkoffer positioniert. Anfangs hat Paul noch allein die Moderation und Ansagen übernommen, später im Wechsel mit mir. Die daraus hervorgegangene Discothek ‘Peter & Paul’ war für mich etwa ein Jahr lang eine gute Schule in Vorbereitung auf meine eigene ‘Pappe’ als Schallplatten-Unterhalter im Spätsommer 1977.
Die Einstufung vor Mitarbeitern des Bezirkskabinetts für Kulturarbeit habe ich dann auch im HdB im Klubraum der Gaststätte abgelegt, in dem der Jugendclub auch ab und an Tanz im kleineren Rahmen organisiert hat. Das war auch eine gute Probebühne. Meine Schwester und eine ihrer Freundinnen, die zusammen im Ballett der Stadthalle tanzten, haben dort Choreographien ausprobiert.
Retrospektiv betrachtet, erinnert mich das Bild also an viereinhalb sehr intensive und schöne Jahre!“
Dieter Buddrus mailt leicht verträumt: „Das Objekt Haus der Bauarbeiter dürfte …zig-Tausenden meiner Generation bekannt sein, weil man dort viele schöne Stunden erleben konnte. Mir bleibt es von der Silvesterfeier 1975/ 76 wohl lebenslang in Erinnerung. Nur leider habe ich, damals noch Student in einer fernen autonomen Wald- und Gebirgsrepublik, jene junge Dame, die so schön mit mir tanzte und flirtete, niemals im Leben wiedergetroffen. Vielleicht wäre sie die Richtige fürs Leben gewesen. Etwas weiter nördlich in der Straße habe ich 16 Jahre später meine Schnorchelausrüstung gekauft.“
Jens Pumpa aus Cottbus meint: „Das Haus war 1967 einfach da. In der Presse taucht der Neubau erstmalig im März auf, als über die Bezirksdelegiertenkonferenz der SED berichtet wurde, die im ‘neuerbauten Haus der Bauarbeiter’ stattfand. In der großen Halle des Hauses fanden zwischen 800 und 850 Personen Platz. Es gab eine technisch hochqualifizierte Einrichtung – so verfügte das Haus über eine Hebebühne. Es fanden Tanz- und Großveranstaltungen mit Live-Auftritten beliebter Bands und Künstler sowie Jugendweihen statt. Auch Kabarettveranstaltungen gab es. Später wurde das Gebäude für das Theater umgebaut. Jetzt nennt sich die Spielstätte ‘Kammerbühne’ (Wernerstraße 60).“
Manfred Gnida aus Spremberg fügt hinzu: „Der Bezirkstag, Stadtverordnete, Parteifunktionäre trafen sich hier, bekannte Künstler wie Frank Schöbel und der unvergessene Herbert Roth traten hier auf, aber es gab auch Boxwettkämpfe, Jugendweihen, Kabarett, Disco, 1971 ein internationales Tischtennisturnier, 1974 die Bezirkskunstausstellung und anderes. Während der Umbauar- beiten am Theater diente das Haus ab 1981 als Ausweichspielstätte. Nach der Wende fand 1991 der Neujahrsempfang des damaligen Oberbürgermeister Waldemar Kleinschmidt hier statt und in Erinnerung bleibt der Tag des Meisters vom 20. November 1992 mit ausgestellten Meisterstücken und Festrede von Manfred Stolpe.“
Klaus Reiter aus Cottbus schreibt. „Das ‘Haus der Bauarbeiter’ wurde 1967 neues Objekt für verschiedenste Veranstaltungen. Bauzeit war nur ein Jahr! Die riesige Küche sollte die Versorgung für Großveranstaltungen übernehmen, z.B. das Pioniertreffen 1970. Bei Verdis Oper ‘Aida’ war SED-Bezirkschef Werner Walde bei der Premiere zu Gast. Beim ABI-Abschlussball spielte Frank Szymanski in einer Band Gitarre. Er war 2006 bis 2014 Oberbürgermeister von Cottbus.“
Dieter Leubauer aus Cottbus hat die Bildfolge zugesandt und schreibt: „Das Gebäude in der Wernerstraße wurde ab 1967 für vielfältige Veranstaltungen genutzt. So erhielt auch unser Sohn Bert dort 1975 die Jugendweihe. Nun ist hier die Kammerbühne des Staatstheaters aktiv. Das Gebäude war auch immer mal mein Fotomotiv.“
Reinhard Borrmann aus Cottbus erinnert sich: „Im Haus der Bauarbeiter hatte zu DDR Zeiten das ‘konsument’-Warenhaus (meine Frau und ich waren dort beschäftigt) den Tag der Mitarbeiter des Handels begangen. Nach einem ausgiebigen Büfett folgten ein Kulturprogramm und Tanz. Ich kann mich noch erinnern, dass ich einmal Rosenmontag hier feierte mit der Kapelle Schwarz/Weiß.“
Schließlich meldet sich Renate Brinke aus Cottbus: „Das Haus wurde als Haus der Bauarbeiter eingeweiht. Die erste Veranstaltung war die Bezirksdeligiertenkonferenz der SED vorm 7. Parteitag. Da habe ich als Jugendliche teilnehmen ‘dürfen’. Dann habe ich die Nutzung lange nicht verfolgt, ich war nicht mehr in Cottbus. Ab Anfang der 80er Jahr war ich regelmäßig Gast im Haus – es war Ausweichspielstätte des Theaters, welches bis 1986 restauriert wurde. Danach erfolgte der Umbau zur heutigen Kammerbühne, wo man nun wundervolle Inszenierungen erleben kann. Ich danke für das schöne Bild.“
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