Diesen Montag war es genau 170 Jahre her, dass ein Mann zur (erfolgreichen) Probepredigt auf die Kanzel der Cottbuser Hauptkirche trat, der fortan „zu den markantesten Gestalten des kirchlichen Lebens in unserer Stadt“ werden sollte, wie ein späterer Superintendent namens Cordes vor 100 Jahren schrieb: Heinrich Christian Ebeling. Von Oktober 1853 bis Juni 1889 hatte er das Euphoral- oder auch Superintendentenamt inne. In jener Zeit war die Ausstrahlung eines hochgestellten Kirchenmannes auf das Leben einer Kommune weit stärker als in heutiger Zeit. Ebelings Ruhm gründete sich auf eine fast sture Prinzipienfestigkeit. Er vertrat das entschiedene Zeugnis ohne Spielräume. In die lokale Chronik ging seine teils als Affront empfundene Verweigerung der Grabrede für den Fürsten Pückler, erster Ehrenbürger der Stadt, ein. Ebeling pflegte bei Beerdigungen stets den 90. Psalm („Herr, du bist unsere Zuflucht…“) zu verlesen. Pückler und sein Gesinde gehörten zur Oberkirche, also war es an Ebeling, im kalten Februar 1871 die Grabrede zu halten. Als ihm aber Angehörige zum Beginn des Leichenzuges den bestimmten Wunsch des Verstorbenen mitteilten, eben diesen Psalm nicht anzuwenden, verließ Ebeling ohne Debatte die Begräbnisfeier und fuhr sofort nach Cottbus zurück. Die verblüffte Trauergemeinde musste mit dem Archidiakonus Vorlieb nehmen.
Erstaunlich: Der am 29. Juni 1815 bei Helmstedt geborene Ebeling hielt sich nicht mit Finessen des Adels auf, sondern wandte sich den Herausforderungen beginnender Industrialisierung zu. Bevölkerungswachstum erforderte mehr Krankenpflege; er stellte Diakonissen ein, ließ das Diakonissenhaus Salem bauen, das 1887 an der heutigen Thiemstraße/ Ecke Finsterwalder Straße eingeweiht wurde. Für die Bewohner der Spremberger Vorstadt, deren Weg zur Oberkirche beschwerlich war, ermöglichte er sonntägliche Gottesdienste in der Aula der Elementarschule (später Lutherschule). Große Aufmerksamkeit widmete er, der ein gutes Verhältnis zu Oberbürgermeister Jahr pflegte, der allgemeinen Volksbildung. Er übernahm selbst die Inspektion an den rund 100 Dorf- und Volksschulen des Kreises Cottbus und bildete, da sie im flachen Land fehlten, persönlich Volksschullehrer heran.
Ebeling starb im Juni 1891 und wurde auf dem Nordfriedhof begraben. H.
Weitere Beiträge über das historische Cottbus finden Sie hier!