In Potsdam hat sich Anfang der Woche ein Verein gegründet. Vermutlich passiert das täglich in unserem Lande. Dieser hat etwas Besonderes: einen Spitznamen, noch bevor er überhaupt bekannt, geschweige denn, in ein Register eingetragen wurde. Club der Vertriebenen, nennen ihn manche, und meinen das gar nicht böse. Richtiger ist Club der Ehemaligen oder besser noch: der Umtriebigen.
Denn das sind sie, die Damen und Herren, die einmal für unterschiedlich lange Zeit unserem Landtag angehörten, und dann im Ergebnis von Wahlen ausgeschieden sind. Das war ihnen in den seltensten Fällen angenehm, denn sie persönlich oder ihre Partei oder Vereinigung hatten Stimmen verloren, andere gewannen die Gunst der Wähler. Das ist normal und gesund in der Demokratie und wird so demnächst in den Kommunalwahlen, dann auch in den Landtagswahlen ablaufen. Nur im Bund klappt das nicht; mit jeder Wahl bläht sich der Bundestag zahlenmäßig mehr auf und kostet den Steuerzahler Unsummen. Das Bundesverfassungsgericht hat das mehrfach mokiert, ein neues Papier sieht die Höchstzahl von 640 Abgeordneten vor, doch Bundespapier ist geduldig.
Der Potsdamer Club, deren Vorsitz die aktuelle Vizepräsidentin des Landtages und Rechtsanwältin Barbara Richstein (CDU) übernommen hat und dessen Vorstand der Cottbuser ehemalige FDP-Abgeordnete Jens Lipsdorf als Schatzmeister angehört, hat sich vorgenommen, politisch beratend zu wirken. Das Potenzial hat er auch, denn wenn Abgeordnete nach gewisser Zeit wieder in ihr berufliches Leben zurücktreten, bleiben ihre Netzwerke erhalten. Sie sind in Vereinen, Verbänden, Parteistrukturen, in Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft vernetzt. Manches Projekt geht ihnen gar besser von der Hand, wenn die Sorge, in unpopulären Zwischenschritten Wählerstimmen zu verlieren, vom Tisch ist. Die umtriebigen „vertriebenen“ Ehemaligen könnten ohne Fraktionszwänge und Hintertür-Verpflichtungen manch klugen Vorschlag in den Ring werfen. J.H.
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