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Kommentar: Der neue Stil

Nach der klaren Wählerentscheidung im September kam es diese Woche zum Führungswechsel im Cottbuser Rathaus. Holger Kelch (CDU), längst amtsmüde, machte den Weg frei für einen Hoffnungsträger, dem aus den meisten Fraktionen des Stadtparlaments und – nicht ganz unwichtig für diese Stadt – aus der Landesregierung viel Vorschusslorbeer zuteil wird. Tobias Schick (SPD), 42 Jahre jung, verspricht einen neuen Politikstil und bessere Kommunikation. Nach außen, in die Stadt hinein, ist ihm die schon während des Wahlkampfes gelungen. Schick kommt aus dem Leistungssport, der Zielstrebigkeit und Ehrgeiz schult. Noch mehr aber hat ihn das Sportbundgeschäft geformt, wo es auf verlässliche Arbeit für breiteste Zielgruppen ankommt, von jung bis alt, gut und weniger gut situiert, rechts wie links tickend. Schick, heißt es auch aus diesen Kreisen, könne zuhören, Wege finden und Wort halten. Die Bürger hoffen, dass der neue OB die Stadt befrieden kann, und das bei von außen denkbar ungünstigen Bedingungen am Anfang eines energiekritischen, überteuerten Winters.
Der neue Stil – er wird nun nach innen wirken müssen, in die Verwaltung und die verkeilten Strukturen, die schon Kelchs Vorgänger beklagten. Daran hat sich nichts geändert, wie der mysteriöse Auktionsausgang für die City-Brache zeigt. Die Öffentlichkeit weiß nichts von Absprachen, die das Stadtparlament demnächst heiligt. Solches Schatten-Erbe ließ Cottbus dahin driften, wo es der Staatsschutz heute gern einstuft: Schwerpunktort für Rechtsextremismus.
Richtig ist, dass Tobias Schick Visionen, Kreativität, positive Netzwerke und vor allem großen Mut braucht, um alte Lasten in den Griff und die Milliarden für den Strukturwandel zu bekommen. Ob ihm Spielraum bleibt, sich geeigneten personellen Rückhalt zu schaffen, steht in den Sternen. Seine Antritts-Hymnen auf den Vorgänger und die so großartige Verwaltung waren allerdings abgedroschene Diplomatie-Musik alter Schule. Keine Noten neuen Stils. J.H.

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