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Kommentar: Mehr Lametta

Wir sehen uns mit unseren Regensburger Freunden selten und haben dann folglich jede Menge zu erzählen, zu resümieren, zu unter- und übertreiben bei Tische. Wird der Atem kürzer, konstatiert jemand gelassen: „Ja, ja – früher war mehr Lametta.“ Manches relativiert sich.

Lametta? fragen große Kinder. Für sie ist das bestenfalls ein literarischer Begriff nach Loriot, dessen Erben den Satz urheberrechtlich schützen wollten. Aber er hat, sagen die Juristen, nicht genügend „Schöpfungshöhe“. Früher war mehr Lametta ist landläufiges Jammern über vergangene bessere Zeiten. Verfehltes Jammern, denn „echtes“ Lametta aus Zinn und Blei, nicht das billige Stanniol-Geknitter vom Osten – war höchst umweltschädlich und wird seit 2015 gar nicht mehr fabriziert.

Überlebt hat die Lametta-Metapher, der schöne Schein, und für vorauseilenden Gehorsam gibt’s auch wieder Orden: Links Lametta, rechts Lametta und der Bauch wird immer fetta.
Fröhliche Weihnachten also – ohne oder doch wieder mit Lametta? Der glitzernde Baumbehang, den wir einst Faden für Faden von den nadelnden Zweigen knüpften und fürs nächste Fest flach zwischen seidiges Papier legten, hat ausgespielt. Vielerorts resignierte er nur gegen flirrige Lichterketten in scheußlichem Bunt.

In den Texten aber, die uns nun Stund um Stund als flattrig schillernde Glitzerstreifen im Wettlauf gegen Weihnachtslieder um die Ohren rauschen, steckt eine Ahnung von Lametta, diesem Produkt, das 1610 in Nürnberg erfunden wurde und den Menschen immerhin 400 Jahre lang bei geringstem Aufwand größtmöglichen Glanz vorgespielt hat. Für jeweils kurze Zeit nur und am Ende ohne jegliche Konseqenz. Meist flog das weihnachtliche Versprechen nach Dreikönige mitsamt dem dürren Stietz in den Müll. Lametta war, wenn die Kerzen verloschen, wert- und wirkungslos. So wie es vielleicht einige glänzende Sätze sind, die uns nun bis zum 23. Februar umflattern – als doch wieder mal mehr Lametta. Friedliche Weihnachten Ihnen. J.H.

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