Zum Sonnenschein und bunten Gewimmel der letzten Tage passten die Wanderlied-Zeilen des preußischen Deutschlehrers hugenottischer Abstammung Otto Roquette: „Wählst du dir zum Begleiter / Den goldnen Lebensmuth, / Wie findest du so heiter / Die Welt, wie schön und gut.“
Ja, während satt ausgestattete Verbände und gut finanzierte Organisationen noch im Tiefschlaf ruhen, vielleicht an Corona leiden oder über Kriegskassen nachdenken, hat der „goldene Lebensmut“ alle triste Bürokratie und verstrickte Politik überrollt und entfaltet sich heiter, schön und gut. Der Frühling hat’s gemacht mit seiner Sonne, dem frischen Grün und wohl auch dem Gesang der Vögel. Viele, viele tatkräftige Menschen, ganz besonders in der Gastronomie, haben blitzschnell reagiert und ihre Terrassen geöffnet, mitunter nur improvisiert, weil es um Zulassungen noch unsicher stand, und sind zu Begleitern der aufatmenden Menge geworden, die hinausströmte aus den Stuben mit ihren unablässig düsteren Nachrichten.
Nein, nicht nur die Weltlage zitiert sich düster, auch das lokale Gehabe. Welch behördliches Abblocken ein kreativer Betreiber einer kleinen Pension mit nettem Restaurant an der Cottbuser Spree zu überwinden hat, lässt sich nur schwer nachvollziehen. Ebenso schwer, wie die Abwehrhaltung von Bewohnern in touristischen Gegenden gegen neue oder erweiterte Campingangebote oder Wohnmobil-Stellplätze. Die Einschränkungen letzter Jahre haben nicht nur die Verwaltungen weiter ermüden lassen, sondern auch die Trägheit mancher Zeitgenossen unterstützt. Es gab mal einen Bundespräsidenten (es war der, der einst die Cottbuser BuGa eröffnete) der eine Rede über den „Ruck“ hielt, der in der deutschen Gesellschaft nötig sei. Roman Herzog war das, Er lebt nicht mehr, aber sein Ruf nach einem Ruck ist mehr denn je aktuell. Nehmen wir uns also neuen Mut, „goldnen Lebensmut“ gar, zum Begleiter, dann wird vielleicht vieles doch noch schön und gut. J.H.
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