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Kommentar: Wendische Stille

Die spannendste Nachricht aus der Region der Trachten, deftigen Feste und lieblichen Landschaft ist die, dass tatsächlich wieder Bibeln in wendischer Sprache gedruckt und in die Kirchen mit muttersprachlichem Gottesdienst gebracht wurden. Erstmals seit über 100 Jahren, heißt es.
Es wird sehr wenige Menschen geben, die auf diese Weise Gottes Wort lesen können – sofern sie das möchten. Das frohe wendische Jugendleben trägt sich vorwiegend weltlich zu und gerade in diesen Tagen eigentlich sehr laut und für außenstehende Zuschauer auch manchmal etwas rätselhaft. In diesem Februar aber bleibt es still auf den Dorfstraßen und in den Sälen oder Zelten, deren Wände sonst nach dem ganztägigen Umzug bis weit nach Mitternacht erzittern.
Wo sollen sie hin mit all ihrer Kraft, die jungen Leute in diesem Coronawinter? Wird es, nachdem schon letzten Sommer die Erntefeste mit den Reiterspielen ausgefallen sind, weitergehen mit der Pflege der uralten Traditionen? Es erstaunt ja ohnehin, wie stabil sich die Bräuche in allen Dörfern, besonders im Spreewaldraum und am Cottbuser Stadtrand, halten, obwohl sie doch keinerlei staatliche Förderung (oder nur ausnahmsweise) erfahren.
Vielleicht funktioniert gerade deshalb alles so gut, weil sich die jungen und junggebliebenen Leute vom Lande gar nicht reinreden lassen in das, was sie da tun – in die Jugend-, Weiber- oder Männerfastnacht, in das laute und übermütige Zampern und alles, was damit zusammenhängt. Im Kern sind es in allen Orten die alteingessessenen wendischen Familien geblieben, von denen immer wieder die ordnenden Ideen ausgehen, wenn Fastnacht ansteht. Die Spinnstuben, aus denen all das einst herausgewachsen ist, gibt es nicht mehr. Auch die wendischen Worte, die vieles erklären, haben sich leider verloren. Ob aus den Bibeln vielleicht etwas zurückkommt ins Leben? J.H.

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