Abschaltung Jänschwalde stellt Cottbus vor neue Herausforderungen in der langfristigen Fernwärmeversorgung
Cottbus (FH). Am Dienstag besuchten Bundes- und Landes-Politiker der Grünen das Cottbuser Heizkraftwerk, um sich über die Herausforderungen der sogenannten Energiewende bei kommunalen Energieerzeugern sowie über Großwärmepumpen zu informieren. Bereits seit Oktober 2023 befindet sich auf dem Heizkraftwerksgelände eine neue Teststation der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (Fraunhofer IEG) für Großwärmepumpen, die deutschlandweit die erste ihrer Art ist. Institutsleiter Prof. Dr. Mario Ragwitz und Projektleiter Fabian Ahrendts stellten die Testanlage vor und berichteten über den Stand der Forschung. Wärmepumpentechnik ist ausgereift und einsatzfähig, jedoch bei derzeitigen Marktbedingungen oft nicht wirtschaftlich. Dies wird sich jedoch voraussichtlich durch politische Vorgaben in Form von Steuern auf C02, Gesetzen und Subventionen ändern. Auch mangels Alternativen, werden somit in den kommenden Jahren viele Wärmenetze und Industrieprozesse mit Wärme aus Großwärmepumpen versorgt werden müssen. Künftig könnte auch ein beträchtlicher Teil der Cottbuser Fernwärme durch eine Großwärmepumpe im Heizkraftwerk, betrieben durch Cottbuser Ostsee-Wasser, bereitgestellt werden. Um dies zu untersuchen wurde die Fraunhofer IEG beauftragt. Demnächst wird eine Modellanlage errichtet. René Schreiber, Geschäftsführer der Heizkraftwerksgesellschaft Cottbus, ist erfreut über die Zusammenarbeit mit der Fraunhofer IEG: „2028 wird Jänschwalde abgeschaltet. Die riesige Aufgabe flößt uns Respekt ein. Da haben wir Bedarf an Wissenschaft”, so der Energieexperte. Bisher beziehen die Stadtwerke Cottbus etwa 50 Prozent der Fernwärme aus Jänschwalde. Durch intensive Vorbereitungen und Planungen könne dieser Anteil auch durch vorhandene und angepasste Systeme selbst gestemmt werden, allerdings sind langfristige Lösungen dringend notwendig. Als riesiges Speicherbecken eigne sich der Ostsee perfekt für die Errichtung einer Großwärmepumpe, so Prof. Dr. Ragwitz. Auswirkungen auf Umwelt und Wasser sind nicht zu erwarten. Das bestätigten auch Limnologische Untersuchungen. Derzeit gehen die Experten von einer 35 Megawatt-Wärmepumpe aus. Zunächst müsste man sich mit den Seeeigentümern LEAG und LMBV einigen und auch die veranschlagten 80 Millionen Euro sind eine Investition, die für die Stadt und Fernwärmekunden kaum stemmbar erscheinen. Sollte das Projekt stehen, so könnte die Wärmepumpe nach Expertenschätzungen bereits 2029 ans Netzt gehen. Die Politik, die diese Investitionen erzwingt, hält sich bisher mit Förderzusagen gegenüber kommunalen Energieversorgern bedeckt. Investitionsbedarfe und enormer Zeitdruck setzen die Stadtwerke in der Lausitz vor kaum zu bewältigende Herausforderungen. „Das ganze wird sehr, sehr viel Geld kosten”, betont HKWG-Geschäftsführer René Schreiber, etwas nachdenklich. Jedoch machen politische Vorgaben die Wärmepumpe alternativlos. Der HKWG-Chef führt anschließend die Grünen-Delegation durch ein modernes, enorm flexibles Cottbuser Kraftwerk mit einem Wirkungsgrad von bis zu 94 Prozent, welches überwiegend mit Gas betrieben wird und erst 2022 in dieser Form ans Netzt ging. In nur fünf Minuten können die Kraftwerksmitarbeiter reagieren und die benötigte elektrische und thermische Energie bereitstellen. Damit schaffen sie Versorgungssicherheit bei volatiler erneuerbarer Energie. Tenor der Grünen-Visite: Die Versorgungssicherheit, zumindest die der Fernwärme in Cottbus, scheint sicher. Der Übergang ab 2028 (Abschaltung Jänschwalde) wird holprig und auf jeden Fall wird es -politisch akzeptiert- erheblich teurer.
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