Der neue Cottbuser Oberkirchplatz gefällt Händlern und auch Kunden / Der „Mann auf dem Sockel“ bleibt aber für viele Besucher noch etwas rätselhaft.
Cottbus (hnr.) An jedem Sonnabendmorgen (ohne Stadtfest) ist dies der schönste Platz in Cottbus und darüber hinaus. Wieder. Nach zweijähriger Bauzeit gab es auf dem Oberkirchplatz letzten Sonnabend wieder Wochenmarkt.
Der war gut besucht, wenn auch noch einige Lücken zu bemerken sind. Besonders die Kleinstproduzenten brauchen wohl noch etwas Anlaufzeit. Sie sind aber die wichtigsten Akteure hier. „Ist doch gut geworden“ hörte man vor und hinter den Ständen loben. Das Marktamt hat die Flächen geschickt verteilt, so dass die neuen Stufen niemanden stolpern lassen; sie bleiben hinter den Verkaufsständen, so wie der komplette Ruhehain mit Bäumen und Bänken. Etwas eingeklemmt, besonders von Westen durch ein großes Fahrzeug (schade!) schaute Ludwig Leichhardt auf das bunte Treiben.
Der Übergang zum polnischen Marktteil ist bisher nicht glücklich gelöst. Hier bilden eng aufgereihte Fahrzeuge und Stände einen dichten Riegel, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als seien die Polen in Cottbus nicht willkommen. Das stimmt aber auf gar keinen Fall, denn die Kunden kaufen hier wie dort gern ein, vergleichen, handeln auch hier wie dort. So soll Markt sein. Offenbar haben die Niederlausitzer von jenseits der Neiße einen guten Zusammenhalt. Ihre Waren bieten sie schon seit Jahren unter einheitlichen bunten Zelten feil. Gäbe es eine Punktewertung um die Verkaufskultur auf dem Markt, hätten die Polen aktuell die besseren Karten. Aber vielleicht ist es ja auf dem Oberkirchplatz wie mit den Dorfstraßen: Sind die erst saniert, machen auch die Anlieger alles chic.
Zu Leichhardt auf seinem Sandsteinsockel sind noch einige Worte zu verlieren. Seine Enthüllung gereichte ihm und der Stadt nicht unbedingt zur Ehre. Die Folge waren wirre Nachrichten in mehreren Medien. Die ärgste kolportierte gleich doppelten Unsinn: Die Originalfigur, nach der die Bronze abgegossen wurde, sei ein Geschenk der DDR an Australien gewesen und Ludwig Leichhardt aus Berlin, ein entfernter Verwandter des Forschers, habe dafür Modell gestanden. Ob er, der aus (West-) Berlin angereist war, um das Tuch von der Figur zu ziehen, das wirklich gesagt oder gemeint hat?
Richtig ist: Die Originalfigur, von der in Sydney ein 3D-Update genommen wurde, ist spätestens 1890 von einem italienischen Meister in Sandstein gehauen worden. Zu diesem Zeitpunkt ist das Lands Department Building des Staates New South Wales, das Regierungshaus des größten australischen Bundestaates in Sydney, vollendet worden. Es ist geschmückt mit den Statuen aller wichtigen Entdecker – deutlich in einheitlichem bildkünstlerischen Stil aus der gleichen Zeit. (Siehe auch NIEDERLAUSITZ 20-18, S. 152 ff.) Alt-OB Frank Szymanski hatte seinen Büroleiter Eschenburg beauftragt, die Kopie-Daten zu beschaffen – und das, obwohl der hiesige Naturwissenschaftliche Verein sich gegen solch ein Denkmal ausgesprochen hatte. Die Ehre der Nennung am Sockel sei ihm dennoch gegönnt.
Immerhin hat sich der Geologe Rolf Striegler, auch korrigierend zum saloppen Kommentar von OB Kelch („Leichhardt war ja auch etwas schwierig…“), klar positioniert: Das war ein Forscher auf der Suche nach Erkenntnis.
Den Mann auf dem Sockel würde die Provizposse nicht stören. Als man ihm in London die Große Goldene Medaille der Geografischen Gesellschaft verlieh, sagte er: „Ich habe niemals für die Ehre, sondern nur für die Wissenschaft gearbeitet und werde es fortan tun – sollte sich auch kein Mensch in der Welt um mich kümmern.“
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