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Oxytocisch-Kuschliges vom Spitzentrainer

Anmerkungen zum genial verknappten Shaekespeare in Regie von Friederike Drews.

Der Kosmos klingt in „Rose und Regen, Schwert und Wunde“ – Szenenfoto mit (vorn): Gunnar Golkowski (Puck); (im Hintergrund v.l.n.r.) Ariadne Pabst (Helena), Torben Appel (Lysander), Johannes Scheidweiler (Demetrius) und Paula Aschmann (Hermia) Foto: Bernd Schönberger

Cottbus. Vorweg: Der Titel sollte nicht erschrecken. „Rose und Regen, Schwert und Wunde“ zeigt „Sommernachtstraum“-Liebesturbulenzen mit original Shakespeare-Texten und bewirkt von einem im Spielverlauf beängstigend stillen Premieren-Publikum am Ende tosenden Beifall. Der Gnom Puck – ein Kabinettstück des immer wieder überraschenden Gunnar Golkowski – bringt die Planeten zum Singen und verwirrt sie, wie er das auch mit den Firguren tut, die aus irgendeinem Leben kommen können, dem griechischen wie dem heutigen oder einem künftigen. Henrike Huppertsberg (Kostüm) hat sie mit Kappen und reduzierender Kleidung neutralisiert, Ev Benzing (Bühne) gibt ihnen einen dynamischen Funktionsraum, der selbst seine Rolle, treibend oder hemmend, spielt. Das alles macht, trotz leidenschaftlicher Love-Songs, das kluge, von Shaekespearschen Bonmots überhäufte Geschehen derart unpersönlich, dass wie aus der Retorte die Botenstoffe, genannt Hormone, von Adrenalin bis zum „Kuschelstoff“ Oxytocin, die Oberhand gewinnen. Helena (Ariadne Pabst), Hermia (Paula Aschmann, noch Studentin als Gast), Demitrius (Johannes Schneidweiler) und Lysander (Torben Appel) geben sich dem in enormer Spielfreude willfährig hin. Sie haben sich den heftigen Beifall allesamt verdient, ebenso wie natürlich das Regieteam, teils gemeinsam schon erprobt am Deutschen Theater und für Preise in München nominiert.
Es ist schön, solche Handschriften junger Gäste und vertrauter Künstler zu genießen und das Wirken großer Schaffensbögen zu spüren. Die Speakespeare-Bearbeitung in der Übersetzung des Österreichers Erich Fried zeugte Beat Fäh (Jahrg. ‘52), ein schweizer Autor, der als Schauspieler begann und zuerst 1977 in Zürich den Wibeau in „Leiden des jungen W.“ von Plenzdorf spielte. Den sahen wir hier neun Jahre später im April in Regie von Dieter Roth mit dem unvergessenen Klaus Peter Volksdorf. Plenzdorf las anlässlich dieser Premiere in Cottbus aus „Die Legende vom Glück ohne Ende“, wonach der Kultfilm „Paul und Paula“ gedreht wurde. Das Spiel von Liebe und Leidenschaft – es hat nicht nur in Sommernächten so viele Gesichter, wird von diesem oder jenem „Puck“ so unergründlich inspieriert. Es lohnt sich, diesen kosmischen Zauber in der Kammerbühne zu sehen. Was den Autor Beat Fäh betrifft, so hat der Kinderstücke geschrieben und bis 2017 zu wohl 100 Inszenierungen vorwiegend an deutschen Theatern Regie geführt und dann in einen, wie er findet, nahe verwandten Beruf gewechselt: 2013 absolvierte er das Schweizer Leichtathletik Spitzentrainer-Dilplom und trainiert seit 2017 Läufer und schult Trainer. Das im Hinterkopf, macht „Rose und Regen, Schwert und Wunder“ vielleicht noch mehr Freude. Am 1. und 16. Februar sind die nächsten Vorstellungen. J.Heinrich

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