Die Muse der Architektur gilt als Mitte aller anderen Musen.
Moderation dieser Folge: G. GRUBE
Textgestaltung: Torsten RICHTER
„Ich lebe noch im Denkmal Wohnscheibe Stadtpromenade, solange mir das kommende ECE keine Wohnqualen bereitet“, sagt Peter Schuster, Architekt und Denkmalschützer. Und weiter: „Das ECE besitzt eine Nutzungsdauer von lediglich 40 Jahren, ist also ein Wegwerfbau“. `Wegwerfbauten´ projektierte der Architekt Peter Schuster Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre keineswegs, sondern solide Wohnblöcke in der damaligen Stalinstadt. „Bereits mein Vater sagte, du musst dahin gehen, wo gebaut wird“, erzählt Schuster und so baute er Teile der „sozialistischen Wohnstadt“, die 1961 in Eisenhüttenstadt umbenannt wurde, mit auf. Noch heute betrachtet der Architekt Schuster einige Häuser „als meine Kinder“. Später kam Peter Schuster nach Cottbus, wo er beim Büro für Städtebau beim Rat des Bezirkes arbeitete. So projektierte er unter anderem das „neue Sandow“ mit. Über den bekannten Dresdner Prof. Nadler gelangte Schuster zur Denkmalpflege und brachte es bis zum Bezirksdenkmalpfleger. In solch einer Position sind Feinde „etwas Normales; man muß sie akzeptieren, denn ohne Feinde gibt es keinen Erfolg“. Kurioserweise gehörte der Bezirk Cottbus aus denkmalpflegerischen Gesichtspunkten zu Sachsen, da die Niederlausitz über Jahrhunderte nicht von Potsdam, sondern von Dresden aus regiert wurde. Als einen persönlichen Verdienst sieht Peter Schuster in Cottbus die Rettung des gotischen Paulaner-Giebelhauses an, „auch wenn dort nur noch eine Wand stand“. Gleichzeitig konnte das Gebäude am Altmarkt 22, das jetzige „Mosquito“ vor dem Abriss bewahrt werden. Doch welcher Zustand eines Gebäudes ist eigentlich erhaltenswürdig? Darüber streiten sich die Gelehrten. Bis in das vorige Jahrhundert galt die Ansicht, dass der Zustand, wie ein Gebäude vorgefunden wird, erhaltenswert ist. Doch auch der ästhetische Wert bis eine nicht zu unterschätzende Rolle. Laut Denkmalschützer Peter Schuster bedeutet ein Denkmal „stets auch Stillstand, das Festhalten am Originalzustand“. Daraus ergibt sich de facto eine „Symbiose zwischen Mensch und Bauwerk. Menschen, die im Denkmal wohnen, wissen, welch enormer Finanzaufwand dahintersteckt. Doch, laut Schuster, kann derjenige Kosten reduzieren, „der sich mit dem Denkmalschutz arrangiert“. Im Gegensatz zum Spree-Neiße-Kreis besitzt Cottbus noch einen Denkmalfonds, „der aber kaum mehr als 50 000 Euro umfassen dürfte“, mutmaßt Peter Schuster. Der Denkmalschützer bedauert, dass „wir heute auch bautechnisch in einer Wegwerfgesellschaft leben“. So gelten die Supermärkte aufgrund ihrer geringen „Lebenserwartung“ als „fliegende Zirkuszelte“. Als ein erhaltenswertes Gebäude, das nach der Wende entstand, gilt nach Meinung von Architekt und Denkmalschützer das Sparkassengebäude am Breitscheid-Platz.
Hintergrund:
Der Tag des offenen Denkmals am zweiten Septembersonntag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Wohnen im Denkmal“. In Cottbus laden am 14. September acht historisch wertvolle Gebäude zur Besichtigung ein. Der Denkmalstag wird um 11 Uhr vor der Fabrikantenvilla von Muthesius in der Diesterwegstraße 2 eröffnet. Ab 11 Uhr werden jeweils stündlich bis 16 Uhr geführte Spaziergänge angeboten. Besichtigt werden neben der Fabrikantenvilla das „wohlhabende“ Mietswohnhaus in der Virchowstraße 2, eine „Ideal bürgerlicher Wohnkultur“ in der Puschkinpromenade 2, das benachbarte Gartenhaus (Puschkinstraße 15), das Landhaus im Biedermeierstil (Sandower Straße 17), ein Weigerberhaus in der Uferstraße 16, die „Ruine“ (Burg-straße 8) sowie das Jugendstilhaus hoch über dem Wall und gegenüber dem Pavillon in der Töpferstraße 2. Die historischen Gebäude können nur in den geführten Gruppen besichtigt werden. Dabei sind auch Gespräche mit den Hauseigentümern möglich. Bereits am 10. September öffnet von 15 bis 18.30 Uhr der Sachsendorfer Wasserturm seine Türen und kann bestiegen werden. Um 19 Uhr erklingt im Turminneren ein reizvolles Hornquintett.
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