Die neueBühne feierte mit ihrem Publikum in den Mai und präsentierte die kommende Spielzeit.
Senftenberg. Alles hat gepasst an diesem 1. Mai: Die Sonne lachte überm Seenland, die neue Spielzeit war tags zuvor der Presse präsentiert worden, das aufschlussreiche Spielzeitheft fertig, und die Menschen schienen nach einem Brückentag ausgesprochen entspannt – sie stürmten zu hunderten, meist mit Kind und Kegel, ihr Theater. Ein schönes Fest entwickelte sich, und im Haus gab es Gelegenheit, schon mal in die aktuelle und zukünftige Spielzeit 2018/19 hinein zu schnuppern.
Stürmisches Spektakel
Auch die kommende Spielzeit beginnt mit einem Spektakel unter dem Titel „Der Sturm“. Doch keine Angst, nichts werde zerstört, verspricht Intendant Manuel Saubyrand, denn „Stürme haben oft etwas Befreiendes, denken wir an jene auf die Bastille, auf das Winterpalais oder auf die Stasi-Zentrale.“ Dieser Theater-Sturm kommt von Shakespeare – das letzte Drama des großen Meisters, und der Intendant wiegt verklärt den Kopf, wenn er (originalsprachig englisch) aus dem 4. Akt zitiert: „Wir sind der Stoff, aus dem die Träume sind; und unser kleines Leben ist von einem großen Schlaf umringt.“ Die Theaterleute wollen mehr Lust ins „kleine Leben“ bringen. „Mich bedrückt es“, sagt der Neu-Senftenberger, der sich hier so wohl fühlt, „dass zur Landratswahl nur 33 Prozent Beteiligung war. Ist es nicht so, dass geheime und freie Wahlen der Glanz des freien Staates bleiben…?“
Als philosophisches Märchen wird der „Sturm“ aufbrausen, von Liebe, Schuld und Verrat erzählen. Die Zuschauer sollen das Stranden des Herzogs auf einer Insel in Gruppen erleben, und Frank Düwel, der hier schon Brecht inszenierte, hat eine maritime Einstimmung „vor dem Sturm“ zum Mitmachen geschrieben. Die Bauproben laufen schon, der Chor der Bergarbeiter wird mitmachen und weitere Partner, am liebsten auch Segelvereine, werden gesucht. Man darf gespannt sein.
Elf weitere Premieren
Zwischen August ‘18 und Juni ‘19 gibt es neun Premieren drinnen, eine fürs Klassenzimmer unterwegs und im nächsten Mai eine große „draußen“ – die Dreigroschenoper nach Brecht und von Weill. Sie wird für das Amphitheater etwas revueartig performt, um eine neudeutsche Andeutung zu wagen. Aber dass es daneben geht, muss bei Saubeyrands Regie niemand befürchten; er hat im Stück am BE „gefühlt tausendmal“ aber tatsächlich an die 100 Vorstellungen gespielt. Das prägt.
Nashorn und Hase
Nein, es droht kein zoologischer Ausschlag; die Tiertitel sind Zufall. Im Oktober kommt Jens Raschkes Stück „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zaunes schaute“ in den Spielplan. Das handelt von einem Zoo bei Buchenwald, thematisiert den Holocaust und löst in diesem Segment (für Zuschauer ab elf, aber auch für Erwachsene) nach vielen Jahren die Senftenberger „Anne Frank“-Fassung ab.
Johanna Schall (zuletzt hier „Der nackte Wahnsinn“) führt Regie zu einer neuen Fassung der ursprünglich französischen Farce „Hase, Hase“, die alltäglichen Familienzwisten nachgeht. Ein bisschen Science Fiction vermischt sich hier mit Nachbars Wirklichkeit.
Dickens zum Fest
Für das jüngste Publikum (ab 5 J.) soll mit „Nur ein Tag“ die Vergänglichkeit behandelt werden. Martin Baltscheit lässt Fuchs und Schwein über die Philosophie der Eintagsfliege staunen. Zu Weihnachten wird es diesmal ein klein wenig anspruchsvoller (erst ab 6. Jahren geeignet) mit „Eine Weihnachtsgeschichte“ von Dickens. Der Geizkragen Scrooge würde zu kleine Kinder vergrämen, aber für die bleibt ja das wundervolle „Mädchen von weither“ im Spielplan, verstärkt in der Vorweihnachtszeit.
Noch zu schreiben
Für das Spielzeitende bereitet die neueBühne ein Stück vor, das noch nicht geschrieben ist, aber Unfassbares mitten in Deutschland zum Inhalt hat: den Moralverlust und die Justizblindheit, die mit dem NSU-Fall spruchhaft wurden. „Aus dem Nichts“ ist ein preisgekrönter Film von Fatih Akin, aus dem eine Bühnenfassung entsteht. Der Sauerländer Theatermann und Autor Armin Petras dürfte mit seinem Namen für Erfolgsgarantie stehen. Dann: Toi, toi, toi. Jürgen Heinrich