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Strittmatter gibt weiter Rätsel auf

Bernd Rainer Barth
Bernd-Rainer Barth

Historiker Bernd-Rainer Barth präsentiert seine Forschungsergebnisse / Fragen bleiben offen.

Region (trz). Hat sich Schriftsteller Erwin Strittmatter während des Zweiten Weltkrieges aktiv an Kriegsverbrechen beteiligt oder nicht? Diese Frage kann der Berliner Historiker Bernd-Rainer Barth auch nach mittlerweile acht Jahren Forschung nicht wirklich beantworten. Es gebe zwar Hinweise auf eine Mittäterschaft Strittmatters, doch Beweise bleibt Barth schuldig. Der Geschichtsexperte hat sich im Auftrag der Stadt Spremberg intensiv mit Strittmatters Leben während des Zweiten Weltkrieges auseinandergesetzt. Er recherchierte eigenen Angaben zufolge unter anderem im Stasi-Archiv, im Parteiarchiv der SED, in militärischen Archiven sowie im Nachlass des in Spremberg geborenen Schriftstellers.
Barth hat herausgefunden, dass sich das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) bereits Ende der 1970er-Jahre intensiv für Strittmatters Einheit, das Polizeibataillon 325 (später SS-Polizeigebirgsjägerregiment), zu interessieren begann. Bis zur politischen Wende sei gegen acht bis zehn Personen wegen des Verdachts auf entsprechende Verbrechen ermittelt worden. Erwin Strittmatter habe sich nicht darunter befunden. Grundlage der Untersuchungen bildete die Befragung des Fleischermeisters Josef Heller aus dem Sudetenland, der in Strittmatters Einheit als Koch fungierte. Auch ihm konnte keine Beteiligung an Verbrechen nachgewiesen werden.

 

Zu alt für die SS

 

Strittmatter hatte sich, so Bernd-Rainer Barth, bereits im April 1940 um die Mitgliedschaft in der SS beworben. Er wurde aber nicht angenommen. „Strittmatter war damals mit seinen 28 Jahren einfach schon zu alt“, begründet Barth.
Die spätere Einheit des Schriftstellers sei an Verbrechen unter anderem in Slowenien, Karelien und Griechenland beteiligt gewesen. Konkret habe es sich um Vergeltungen aufgrund von Partisanenangriffen gehandelt.
In seinen Feldpostbriefen berichtet Erwin Strittmatter von einer solchen Aktion, die sich im Januar 1942 im slowenischen Oberkrain zugetragen hatte. „Dann nahmen wir das Dorf endlich und brannten alles nieder“, schreibt er. Laut Bernd-Rainer Barth soll Strittmatter den Bericht allerdings erst nach der Attacke verfasst haben.
Nach dem Krieg gab Strittmatter gegenüber der SED an, während des Krieges nicht einen Schuss abgegeben zu haben.

 

Keine klare Antwort

 

Obwohl die Stadt Spremberg in die Untersuchung rund 11 000 Euro investiert hat, gibt es nach wie vor kein klares „Ja“ oder „Nein“. Auf den Punkt bringt es die Stadtverordnete Christina Schönherr (Vereinigte Wählergruppen): „Als Juristin sage ich: Es hätte alles sein können, aber es ist nichts nachzuweisen.“ Indes enthält sich Bernd-Rainer Barth Fragen von Abgeordneten, was der Historiker für den weiteren Umgang mit Strittmatter empfehle. „Diese Frage kann nur politisch beantwortet werden“, so Barth. Bürgermeisterin Christine Herntier drückt es aus: „Es liegt an uns, wie wir mit dem Material umgehen.“
Bernd-Rainer Barth regt indes an, einen Teil von Strittmatters Feldpostbriefen zu veröffentlichen. Dafür sei aber das Einverständnis der Familie des Schriftstellers erforderlich. Indes lässt der Abschlussbericht des Historikers weiter auf sich warten. Barth, so sagt er, sei auf weiteres Material im ehemaligen Jugoslawien gestoßen. Das wolle er zunächst auswerten.

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