Lausitzer Unternehmerin kritisiert neues Vergabegesetz zum Mindestlohn
Region (MB). Vor der Sommerpause soll der brandenburgische Landtag das Vergabegesetz verabschieden. Darin enthalten ist die Erhöhung des Mindestlohnes bei öffentlichen Aufträgen auf 9 Euro. Er soll ab 1. September gelten. In die Lobgesänge des Wirtschaftsministeriums stimmt Iris Helbeck, Obermeisterin der Gebäudereinigerinnung Brandenburg-Ost, nicht ein.
Frau Helbeck, vom neuen Mindestlohn sollen die Arbeitnehmer profitieren, die am stärksten auf Unterstützung angewiesen sind – wie Wachschützer, Reinigungskräfte oder Wäschereimitarbeiter….
Ich glaube, dass die betroffenen Mitarbeiter nach den sehr positiven Pressemitteilungen und Berichterstattungen die Ergebnisse eher enttäuscht beurteilen.
Wie meinen Sie das?
Zurzeit bezahlen wir unseren Gebäudereinigern laut Tarifvertrag 8,70 Euro pro Stunde. Mit der Erhöhung des Mindestlohnes steigt das Einkommen um 46,80 Euro brutto im Monat bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden. Abzüglich der Abgaben bleibt da nicht so viel übrig. In unserem Gewerk arbeitet ein großer Teil der Mitarbeiter weniger als 39 Stunden.
Was kritisieren Sie noch?
Ich hatte in der brandenburgischen Mindestlohnkommission dafür plädiert, eine Lohngleitklausel ins Gesetz aufzunehmen. Damit werden Lohnsteigerungen, die sich innerhalb einer festen Vertragslaufzeit ergeben, vom Auftraggeber akzeptiert und ausgeglichen. Die Klausel würde für laufende Verträge Anwendung finden.
Was ist die Folge?
Damit gelten die neun Euro Mindestlohn nur für neue Verträge ab dem 1. September 2016. Aus Erfahrung weiß ich aber, dass die meisten Verträge ab 1. Januar 2017 beginnen. Dies bedeutet, dass der Mindestlohn bis Ende des Jahres fast gar nicht zum Tragen kommt, da die Mehrheit der Verträge davon unberührt bleibt. Man hätte daher das Gesetz erst zu Beginn 2017 starten lassen. Das hätte den Aufwand reduziert.
Hintergrund: Der Tariflohn im Gebäudereinigerhandwerk in Ostdeutschland steigt zum 1. Januar 2017 auf 9,05 Euro, also mehr als der vergabespezifische Mindestlohn in Brandenburg.
Das ausführliche Interview unter: www.hwk-cottbus.de