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An der Wiege der Keltischen Kirche

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Friedhof am Kloster von Iona. Hier fand auch Macbeth seine letzte Ruhe
Fotos: J. Heinrich

Rathlins Island, wenige Kilometer vor der Nordküste Nordirlands, erreichen wir nicht. Windstärke 8 und die starke Gezeitenströmung lassen unsere Tenderboote tanzen. Wir „wettern ab“, warten also auf besseres Wetter, und lassen die interessante Vogelinsel liegen.
Das nahe Ballycastle an der Mündung des Flusses Margy hat einen kleinen Yachthafen. Das 5000-Einwohner-Städtchen liegt 90 Kilometer von Belfast entfernt und bietet uns Gelegenheit, über die Hügel, Schluchten und romantischen Waldstücke zu wandern. Die Einwohner sind stolz auf ihre wildromantische Natur und die feinen Golfplätze. Golf ist hier Volkssport für alle Bevölkerungsschichten.
Attraktion der Gegend sind die „Giant’s Causeway“, auch „Damm der Riesen“ genannt. Vulkanische Eruptionen haben vor 60 Millionen Jahren die Basaltlava über kalkigem Untergrund zu einem riesigen Plateau ergossen. Während der Abkühlung, so erklärt Geologie-Experte Dr. Hajo Lauenstein, kam es zu Spannungsrissen wie auf einer ausgedürrten Schlammpfütze, nur eben gewaltiger, tiefer und von erstaunlicher Gleichmäßigkeit. Das Phänomen zieht sich weit bis ins schottische Land zur Insel Staffa hinüber, wo wir später „Fingal’s Cave“, eine 80 Meter tiefe Höhle inmitten der Basaltsäulen finden. Seit ihrer Entdeckung 1772 lockte sie viel Prominenz an – von Jules Verne über Queen Victoria und Prinz Albert bis zu Felix Mendelsohn-Bartholdy, der sich hier 1829 zu seiner Ouvertüre „Die Hebriden“ inspirieren ließ. Das Cottbuser Orchester hatte sie im März 2016 unter Gastdirigent Friedrich Haider im Programm. Uns verdirbt starker Seegang das Höhlenabenteuer; völlig durchnässt steigen wir nach einigen Versuchen, dem Phänomen näher zu kommen, aus dem Schlauchboot.
Ruhig genug steuert die „Hanseatic“ die Inneren Hebriden an. Die Inseln Islay und Jura trennt der kaum einen Kilometer breite Sund. Mit weniger als zehn Knoten passiert unser Schiff die Enge. An Land herrscht noch Morgenstille; die Brennereien beginnen ihr Tagwerk später. Für uns kommt dann schon Iona in Sicht. An die 100 Leute leben auf dem seit Steinzeiten besiedelten Eiland, hunderte Besucher kommen aber Tag für Tag. Denn Iona gilt als Heilige Stätte, als Wiege der Keltischen Kirche und des Christentums auf den britischen Inseln.

Ein Jahrtausend aufrecht überdauert: Das Kreuz des Heiligen Martin

Hohe Giebel und Torbogen sind vom einstigen Nonnenkloster erhalten. Aber diese Gebäude am Ortsrand verfallen seit der Reformation im 16. Jahrhundert. Nur wenige Gehminuten weiter erreichen wir einen uralten Friedhof, der zu Iona Abbey gehört.
Schottisch-irische und norwegische Könige sollen hier bestattet sein. Der letzte von ihnen
war Macbeth, dem Shakespeare im gleichnamigen Drama zu Weltruhm verhalf. Ja, den Weg der Prozessionen bei solchen Begräbnissen können wir gut nachvollziehen, aber so gründlich wir auch die verflachten Hieroglyphen der dünnen Steinplatten im hohen Gras entziffern – den Literatur gewordenen König finden wir nicht.
Sicher, viele Kreuze und Grabmale sind wohl von puritanischen Leuten ins Meer geworfen worden, aber immerhin hat sich das Kreuz des Heiligen Martin am Originalstandort erhalten. An die zehn Fuß (drei Meter etwa) ragt es auf und trägt die künstlerischen Züge des „Book of Kells“, dem wir schon in Dublin begegneten. Dort bewahrt es die Uni-Bibliothek auf. Hier in Iona soll es um 800 entstanden sein.
Im Jahre 563 war der Mönch Columban mit zwölf Männern von Irland nach Iona gekommen und hatte hier das Augustiner-Kloster Iona Abbey gegründet. Die christliche Lehre verbreitete sich als Keltische Kirche in Schottland und Nordengland. An der Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert fielen mehrfach Wikinger in das ungeschützte Kloster ein.
Der heute erhaltene Klosterkomplex mit Kirche, Kreuzgang und verschiedenen Nebengebäuden entstand durch behutsame Rekonstruktion um 1900. Klosterteile, die als Ruinen lange der offenen Witterung ausgesetzt waren, sind so integriert worden, dass sich ein authentisches Bild der Jahrhunderte ergibt. Das geschah aber schon fast 50 Jahre nachdem unser Brandenburg-Wanderer Theodor Fontane hier zu Besuch war. Der frühe Reisejournalist beschrieb die geschichtsträchtige Insel in seinem Buch „Jenseits des Tweed“.
Nächste Folge: Ankunft in der Steinzeit

restaurierter Taufstein auf Füßen aus hier heimischem grünen Marmor
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