Auf den ersten Blick könnte man ein Gegenwartsfoto vermuten. Aber nur auf den ersten. Die Frage, wann genau das Bild der Sonnenuhr in der Berliner Straße entstanden ist, bereitete vielen Lesern und Leserinnen Schwierigkeiten. Sie ordneten das Bild dem Jahr 1993 zu. Die überwiegende Mehrheit aber löste die Aufgabe wie Reinhard Semt – 1953 muss es gewesen sein: “1943 standen an dieser Stelle noch Gebäude (Hotel?). 1993 stand rechts der Sonnenuhr schon seit etwa zehn Jahren ein Neubau (Wohnblock mit Funktionsunterlage).”
Noch präziser erklärt Jens Pumpa aus der Rostocker Straße in Cottbus die Lage: “1943 kann’s nicht sein, da um die Wendenstraße herum viele Gebäude standen, die im 2. Weltkrieg zerstört wurden. Ab Sommer 1984 wurden die Neubauten, zum Wendischen Viertel gehörend, errichtet. In überwiegend vier- und fünfgeschossiger Plattenbauweise des speziell entwickelten Plattenbautyps IBN 80 C wurden 477 Wohnungen gebaut. Bereits 1985 zogen die ersten Mieter ein. Somit scheidet auch 1993 aus.”
Jürgen Markert aus der Cottbuser Körnerstraße schreibt: “Ich bedanke mich bei Ihnen, denn Ihr interessantes Bild fehlt mir noch in meiner Sammlung von Alt-Cottbus. Es kann sich hier nur um 1953 handeln. Im Jahr 1943 standen an der Stelle, wo die Sonnenuhr ist, noch mehrere Häuser, die im Frühjahr 1945 bei Luftangriffen zerstört wurden. Unter anderem eine Weinhandlung und rechts daneben das Geschäft ‘Gewehr-Richter’. Ich berufe mich hierbei auf ehemalige Aussagen meiner Mutter, die damals im ‘Görlitzer’ in der Spremberger Straße arbeitete. Und das Jahr 1993 scheidet auch aus, da das rechte kleine Gebäude vor der Klosterkirche schon Ende der 60er Jahre beim damaligen Stadtumbau (oder auch schon vorher?) abgerissen wurde.”
Rainer Wollmann aus Hänchen hatte ebenfalls Freude an dem Bild: “Das wunderschöne Motiv befindet sich in Cottbus, Berliner Straße. Es ist eine der schönsten Sonnenuhren in Cottbus, die nach Kriegszerstörung der dortigen Häuser, nachdem die Trümmer beseitigt waren, angelegt wurde. Obwohl wichtigere Bauvorhaben nach dem Krieg anstanden, haben sich die Stadtoberhäupter für dieses Kleinod entschieden, um die Grauen des Krieges etwas in den Hintergrund zu schieben. Durch die zwangsmäßig entstandene Baulücke ist im Hintergrund die Klosterkirche gut zu erkennen.”
G. Peschank nutzte ebenfalls das Ausschlussverfahren: “Im Bild sehen wir rechts ein älteres Bauwerk. 1993 war dieses längst abgerissen und durch eine geschlossene Baureihe ersetzt, entsprechend dem heutigen Zustand. Im Jahre 1943 hatten wir hier eine geschlossene Häuserfront enlang der Berliner Strasse, die zeitgleich mit dem alten Rathaus kurz vor Kriegsende von sowjetischen Bombern zerstört wurde. Folglich bleibt noch das Jahr 1953 für das Entstehen der Blumenuhr.”
S. Sachse tippte auf das Jahr seiner Einschulung, 1953, und erzählt: “In einem Hochschulquiz, vielleicht um 1965 oder später, hatten wir mal die Frage: ‘In welcher Cottbuser Straße steht kein einziges Haus?’ Richtig war Wendenstraße, die hatte ordentliche Fußwege und Bordsteinkanten aus gutem Granit, aber links war die Grünanlage mit der Sonnenuhr und rechts eine Hundewiese. Also stand das hier abgebildete Fachwerkhaus (leider) auch damals schon nicht mehr hier.”
Die Sonnenuhr weckte auch Kindheitsbilder. “Volkspartymacher” Uli Buder schreibt: “Das war 1953. Da habe ich noch nicht gelebt. Mir fällt aber eine Kindergartengeschichte ein. Widerwillig wurde ich mit vier Jahren in einen Werks-Kindergarten in Sandow geschickt. Mich schreckten die Erzieher ab und der Geruch dieser Lederbrottaschen, die mit Äpfeln und Stullen gefüllt waren. Ich bin dort abgehauen, wurde aber eingefangen. Jetzt wurde mir ein Kindergarten in Schmellwitz zugewiesen, wo ich jeden Morgen mit der Straßenbahn hin musste. Dort war eine nette Erzieherin, Frau Förster, und mir hat es gefallen. Täglich bin ich an dieser im Bild zu sehenden Sonnenuhr vorbeigefahren. 1964. Einmal hatte meine Mutter einen Termin in Berlin. Sie musste zeitig raus, vergaß aber den Wecker richtig aufzuziehen. Er blieb stehen und ich bekam Panik. Ich wollte den Kindergarten nicht verpassen und stand schon 4 Uhr früh in Schmellwitz und fror. Dann kam endlich die Erzieherin, Frau Janz, und ließ mich in den warmen Kindergarten.”
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