Filmschauspielerin kam aus der Fotografenfamilie
Eine herrliche Postkarte stellte uns Waltraud Laugksch mit der letzten Rätselbildansicht zur Verfügung, ein Dokument, dass die bauliche Schönheit der Stadt besonders gut darstellt. Und so war es für viele Forster leicht, die Straße wieder zu erkennen. So ging es auch Christine Rex. Sie erzählte uns am Telefon: „Zu sehen ist natürlich die Berliner Straße in Höhe des alten Postgebäudes. Auf der rechten Seite sind Kolonialläden zu erkennen, mit Tabak und den typischen anderen Produkten. Rechts befand sich der Durchgang zur Bleiche, heute ist es die Richtung zum Ärztehaus. Links war früher Foto-Gärtner zu finden, auch rechts war ein Fotogeschäft Michael; da konnte man sich aussuchen, wo man seine Fotos machen ließ. Ganz im Hintergrund ist der Berliner Platz zu sehen, über den ja schon viel geschrieben wurde.“ Auch für Christine Riedel war die Lage gleich klar. Sie erzählte am Telefon: „Man sieht die Berliner Straße in Richtung Berliner Platz, ganz hinten in der Bildmitte. Wenn ich von links die Geschäfte beschreibe, dann kommt zuerst das Fotogeschäft Vietzke, in den 50er oder 60er- Jahren war hier Foto-Gärtner zu finden. Dann folgt das Kaiserliche Postamt, an dem Turm zu erkennen. Das kleine Gebäude ist die Eisdiele Gröger, später war hier, glaube ich, das Tuchmacher-Stübl. Auf der rechten Seite beginnt das Bild wieder mit einem Fotogeschäft, es war Foto-Michael, gleich danach war das Textilgeschäft Seichter und noch ein paar kleinere Läden. Foto-Scheppan war kurz vor dem Berliner Platz. Aus der Familie des Fotografen kam die damals bekannte Filmschauspielerin Hilde Scheppan. Ich schätze, dass diese Aufnahme so etwa 1920 gemacht wurde.“ Zur Aufnahme vermutet Annemarie Krause einen anderen Zeitpunkt: „Die Aufnahme stammt, nach der Kleidung der Leute zu urteilen, aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg. In dem Geschäftshaus links war zu dieser Zeit Foto-Unger zu finden und daneben Topf-Müller. Ganz hinten, am Berliner Platz, war das Kaufhaus Broschmann. Da reihte sich Geschäft an Geschäft; Fleischerei, Blumen, alles gab es da. Die Häuser sind am 25. Februar 1945 fast alle ausgebrannt. Wir hatte damals Glück, weil wir dahinter gewohnt haben.“ Und Thomas Methe wusste ebenfalls einige Ladenbesitzer zu benennen: „Auf der linken Seite mit dem hohen Turm sieht man die Post, die 1894 im Renaissancestil erbaut wurde. Das alte Postamt befand sich vorher in der Frankfurter Straße. In den Gebäuden davor war auch ein Friseur, er hieß Alfred Hoffmann, das war aber noch vor dem 1. Weltkrieg. In der Berliner Straße befand sich auch die Gaststätte ‘Linden-Eck’, die dann HO-Gaststätte wurde. Schräg gegenüber kam die Schwan-Apotheke, in der bis zum Jahr 1960 eine ungefähr 50 Meter lange Straßenverbindung von der Berliner Straße zur Mittelstraße existierte. Auch an das Restaurant ‘Zum Herold’ und das Geschäft des Kaufmanns Paul Nicolai kann ich mich entsinnen.“ Anzumerken ist auch ein Detail, das sich in vielen anderen Städten wiederholt: Das Dach der Post erscheint bei genauem Hinsehen löchrig. Damals wurden die Dächer gleichzeitig als Antennen genutzt, da die Postämter gleichzeitig auch Telegrafenstationen waren. Auch dies ist auf dem Foto sehr gut erkennbar.