Zwei sehr interessante und Detailreiche Anrufe haben wir in dieser Woche auf unser letztes Rätselbild erhalten. Allerdings unterscheiden sich die Namen der Apotheke.
Ruth Merting erzählt: „Das Gebiet auf dem Bild kenne ich aus meiner Schulzeit sehr gut. Vorn sieht man die Apotheke Bayer. Gegenüber waren früher die Gaswerke, die es jetzt ja nicht mehr gibt. Die Querstraße führte zum Kohle- und Brennstoffhandel von Hermann Orschel. Über das Gelände sind wir immer zur Schule gerannt. Da stand auch noch eine Fuhrwaage, um die Kohlewagen zu wiegen. Wenn man die Mittelstraße weiterging, kam man auf den Schmiedemeister Kleemann, da wurden die Pferde beschlagen, was für uns Kinder immer interessant war. Da war dann auch noch eine Drogerie. Und das kleine Häuschen, der Pavillon, der da stand, wurde in DDR-Zeiten noch als Lotto-Häuschen genutzt. Dahinter war die Fabrik von Hermann Haase, so alte Lagerschuppen standen da auch noch. Und dann kam die Bleiche, da bin ich als Kind mit meiner Mutter immer hingegangen, um die Wäsche zu bleichen. Aber das jetzt alles anders geworden.“
Einen überraschenden Anruf erhielten wir von Margarethe Sauer aus Bad Raststadt, die in diesem jahr ihren 86. Geburtstag feiert: „Einige Forster, darunter meine Freundin Lore Unger, mit der ich bereits seit meiner Kindheit befreundet bin, kennen mich nur mit dem Namen Gretel. Meine Freundin hat mir auch Ihr Rätselfoto zugeschickt. Das hat mich sehr gefreut! Es ist natürlich die Schwan-Apotheke an der Ecke Berliner- und Mittelstraße. Hier bin ich geboren.
Das Haus hatte der Stiefvater meiner Großmutter Bertha Sauer gebaut, als er, Theodor Seemann, eine Konzession für die Apotheke bekam. Er hatte sich dafür sehr hoch verschuldet, es lastete eine hohe Hypothek auf dem Haus. Aber bis zu seinem Tode am 6. April 1932 hatte er alle Schulden abgezahlt. Damit fiel die Konzession wieder an die Stadt zurück, ein Apotheker Reiche bekam sie und führte sie in unserem Hause weiter. Ende 1945, genau am 16. April mit dem Einzug der Sowjetischen Armee wurde das Haus komplett zerstört. Wir waren damals auf der Flucht, blieben aber ganz in der Nähe. Und obwohl wir wussten, dass das Haus kaputt war, kamen wir nach Forst zurück. Ich hatte dann noch ein Jahr in der Löwenapotheke in der Mühlenstraße bei Herrn Pöhlmann gearbeitet, bevor ich Forst verließ.
Doch zurück zum Haus. Im Erdgeschoss auf der linken Seite auf dem Bild war ein Stoffladen eingerichtet. Der Herr Tauchert baute das Sortiment später aus und nahm Herrenartikel mit dazu. Er war ganz normaler Mieter wie die Bewohner in den Obergeschossen auch.
Im ersten Obergeschoss wohnten meine Großeltern, das große Fenster war ihr Zimmer, Links waren die Zimmer meines Brunders und meins. Im rechten Flügel waren Küche, Bad und Speisekammer. Außerdem befand sich hier ein kleines Herrenzimmer. Meine Großeltern wohnten bis zum Kriegsende hier. Richard Sauer war bei der Feuerwehr eingesetzt und konnte dadurch mit meiner Großmutter sicher die Stadt verlassen, als die Armee einrückte. Mein Vater, Wilhelm Sauer, war Fabrikbesitzer der Tuchfabrik in der Heinrich-Werner-Straße 10.
Im zweiten Obergeschoss wohnte der Hochschullehrer Herr Borka mit seiner Frau und Tochter. Er unterrichtete am Bismarckplatz. Im rechten Flügel wohnte eine Frau Stapke.
Auch das Dach war vermietet bzw. bewohnt. Hier gab es Mädchenzimmer und auch der Hausmeister wohnte hier, der das Haus in Schuss hielt.
Ich hatte hier eine traumhafte Kindheit, haben viel getobt, und ich wünschte, ich könnte noch einmal nach Forst kommen und mich umsehen, wie sich alles verändert hat, doch meine Beine wollen mich nicht mehr tragen. Ich habe heute noch ein inniges Verhältnis zu Forst, obwohl ich vor vier, fünf Jahren zuletzt dort war.“