Als 1989 schöpferische Unruhe in Plauen, Leipzig, Dresden und anderen Städten das Land intellektuell vibrieren ließ, herrschte in Cottbus scheinbar noch Grabesstille. So wurde es von außen wahrgenommen. Doch mutige Menschen waren auch hier längst gegen Umweltfrevel und Wahlbetrug unterwegs, unter ihnen Dr. Ing. Peter Model (geboren am 6. April 1939), dessen 83. Geburtstag Mittwoch, 6. April 2022, im Kalender steht.
Der promovierte Brückenbauer der Deutschen Reichsbahn ist in Eisenach geboren und in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Er studierte an der Verkehrshochschule Dresden und orientierte sich als Katholik an den Werten seines Glaubens. In kirchlichen Kreisen entwickelte sich die Idee zur Arbeit in Umweltgruppen, die sich im Juni 1987 mit 12 Mitgliedern auch in Cottbus gründete. Zunächst trafen sich die Aktivisten in der Wohnung von Peter und Ingrid Model, später in der Schlosskirche (heute Synagoge), wo für die interessierte Öffentlichkeit auch brisante Themen, wie etwa der Ausstieg aus dem Atomstrom, verhandelt wurden. Verschiedene Projektgruppen wie „Friedensgruppe“ oder „Bücherstube“ mit sonst nicht zugänglicher Umweltliteratur oder „Gerechtigkeit“ für Ausreisewillige waren die Keimzellen für spätere Netzwerke.
Im Mai 1989 enthüllten Peter Model und seine Freunde den Wahlbetrug. In 30 von 90 Wahllokalen der Kommunalwahl kontrollierten sie die Zählungen und fanden hier allein mehr Nein-Stimmen, als dann insgesamt zugegeben wurden. Für seine Umweltgruppe Cottbus (UGC) erstattete Peter Model mutig Anzeige bei der Bezirksstaatsanwaltschaft. Zunächst ohne Erfolg, aber dann nahm die Entwicklung hin zu den Friedensgebeten und öffentlichen Demonstrationen ihren Lauf. Am 30. Oktober 1989 endlich waren auch die Cottbuser in großer Zahl auf der Straße.
Der kleiner große Mann Peter Model war kein Held, eher ein verzweifelt und ehrlich Suchender. Als er unter Druck geriet, sich der Betriebs-Kampfgruppe anzuschließen, einer paramilitärischen Struktur, trat er der CDU bei, um dem zu entgehen. Er hat dies bald als „Schwäche“ verworfen. Großen Mut brachten er und seine Gefährten auf, als sie die Gebäude der Bezirksverwaltung der Staatssicherheit besetzten. Das Verwaltungshaus ist inzwischen abgerissen, Wohnhäuser sind entstanden an einer Straße, die den Namen von Peter Model trägt.
Er sah die Hoffnungen auf einen menschlichen Sozialismus mit dem Wandel des Aufbruchs zum Einheitstaumel unter der Losung „Wir sind ein Volk“ bald schwinden. Als Kandidat von „Bündnis für Cottbus“ zog er in die erste frei gewählte Stadtverordnetenversammlung ein, gehörte ihrem Präsidium an. Er starb, gerade 54jährig, schon am 19. April 1993 an Krebs.
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