Marktplatz im Mai 1981
„Das Foto erinnert an eine unvergessene Zeit menschlicher Tragik und enormen Schäden an Häusern und Straßen“, schreibt uns Manfred Gnida und weist auf die enormen Kriegsschäden im II. Weltkrieg hin. „Klammert man Nebengebäude und andere Bauten aus, so fielen in unserer Stadt von etwa 1?569 Grundstücken 418 Wohnhäuser total, 276 schwer und 1?059 leicht beschädigt den Kriegseinwirkungen zum Opfer.
Das Foto zeigt Ruinen in der Dresdener Straße an der Einmündung zur damaligen Bautzener Straße, der heutigen Karl-Marx-Straße. Gut zu erkennen ist das große Haus mit dem Loch in der Giebelwand, ehemalige angrenzende Geschäfte sowie der Schornstein einer ehemaligen Tuchfabrik in der Nähe des Wilhelm-Platzes, heute Friedrich-Engels-Platz. Das große Gebäude in der Dresdener Straße 53 hat, wie viele weitere auch, eine lange Tradition. Damals war u.a. das Friseurgeschäft Briedermann in dem Haus, heute befindet sich an dieser Stelle ein Elektrogeschäft. Traditionell stehen die Namen Erich und Herbert Schulze für dieses Haus. Weitere Geschäfte schlossen sich früher an. Bekannt waren dabei Bäcker und Konditor Fritz Tarnow, Geschäftsmann Richard Pusch-mann und viele andere.
Die Ruinen rechts und links der Dresdener Straße 53 wurden später abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Linksseitig am Anfang der Karl-Marx-Straße grenzte lange Zeit ein freier Platz, der gern als Parkplatz genutzt wurde, an das Haus von Elektro-Schulze. Heute befindet sich ein Geschäftshaus an diesem Ort, in dem nach vielen wechselnden Inhabern die Knappschaft ihren Sitz hat und sich ein Maklerbüro und eine Gesundheitseinrichtung befindet.“
Zu den Geschäften ergänzt Hans-Joachim Nevoigt: „Die rechte Ecke war das Lebensmittelgeschäft Puschmann, Linke Ecke Café und Konditorei Bäckerei Tarnow. Nach links weiter die Gastwirtschaft Hager, kleiner Lebensmittelladen Nötzel. Die hohe Ruine war das Süßwarengeschäft Kastner. Dieses Haus hat die Familie Erich Schulz in mühsamer Arbeit wieder aufgebaut.“
Zu dem Schornstein im rechten Teil des Bildes gibt es aber auch andere Vermutungen. Dieter Herrmann schreibt dazu: „Keine leichte Rätselaufgabe ist sicherlich der erkennbare Schornstein. Mit Sicherheit handelt es sich hierbei nicht um einen Industrieschornstein. Wenn meine Vermutung richtig ist, könnte es sich um einen so genannten Dampf-Abzugsschornstein einer Backwarenherstellung handeln. Vor Kriegsbeginn und noch zu DDR-Zeiten war in der Bogenstraße die Bäckerei-Konditorei nebst Café Tarnow ansässig. Der Schornstein könnte aber auch zum Flurstück Lindenstraße/ Friedrichstraße gehören. Denkbar wäre ebenfalls eine Zugehörigkeit zum Bereich der einstmaligen Brauerei.“
Hans-Joachim Nevoigt beschreibt weiter die Zeit nach dem Krieg: „Der Krieg ist hier vorbei. Straßen und Gehwege sind schon aufgeräumt. Alle Öffnungen in den Ruinen sind mit abgeputzten Mauerziegeln zugestellt. Das war natürlich nicht nur in der Dresdener Straße, die hier zu sehen ist, so. Ich erinnere mich; Wir mussten uns jeden Morgen am Stellplatz zur Arbeit melden, dann wurden wir eingeteilt. Ich möchte sagen, es war um 7 Uhr, dann ging eine Sirene, denn wir hatten ja keine Uhr. Dann wurde gearbeitet bis zum Abend, ohne Essen und Trinken, Geld gab es natürlich auch nicht. Jede Woche sind in der Stadt 40 bis 60 Menschen gestorben.“