Unser Rätselfoto zum Jahresende, das uns freundlicherweise Willi Gürnth zur Verfügung stellte, hat wieder viele Erinnerungen geweckt. Worum es sich handelt, beschreibt Hans-Joachim Nevoigt: „Wir sehen die alte Tuchfabrik der Familie Georg Wissinger, Roßplatz 4, heute Puschkin-Platz. Wie lange die Fabrik arbeitete, ist nicht mehr bekannt. Der gesamte Komplex reichte von der Lassowstraße bis zum Platz, entlang zur Roßstraße wieder vor bis hier zur Westbahnstraße rechts auf dem Bild. Die Gebäude waren in recht gutem Zustand bei Kriegsende und leer. Die Verwaltung der Gebäude besorgte viele Jahre Herr Tempel, ein Schwiegersohn der Familie Georg Wissinger.
Durch die vielen Zerstörungen in der Stadt wurde das Grundstück von vielen Betrieben gern genutzt.“ Dazu mailte uns Torsten Preuße: „Das Bild müsste meines Erachtens nach Januar 1991 aufgenommen worden sein. Ich glaube Spuren zu erkennen, welche auf den Brand in der 2. Januarwoche 1991 hinweisen. Damals war mein Vater, Klaus Preuße, Inhaber des Reifen-Service, welcher sich seit 1947 auf dem Hof befand. Auf dem Foto sind noch die ersten zaghaften Versuche unsererseits von Werbung zu sehen. Über unseren Räumen befand sich ein Teil des Lagers vom damaligen GHG Kulturwaren. Von dort wurde in den gesamten Bezirk Cottbus in die Kunstgewerbeläden ausgeliefert. Im weiteren Verlauf des Hofes schloss sich die Einkaufs- und Liefergenossenschaft Letex an. Zu deren Kunden gehörten Sattler, Schuhmacher, Polsterer und Tapezierer. Aber auch Privatpersonen konnten dort einkaufen, um sich selbst zu helfen.
Unserem Reifen-Service (dieser wurde im Juni 1994 in das Gewerbegebiet am Kaufland verlegt) gegenüber, befand sich bis Mitte der 80er-Jahre eine Aufkaufstelle für Kleintiere, welche, so wie ich es weiß, vom Schlachthof betrieben wurde. Dorthin kamen viele Leute aus den umliegenden Dörfern, um ihre Kaninchen, Hühner oder Gänse abzugeben. Ein heilloses Durcheinander gab es immer, wenn eines der Tierchen seine Freiheit zurückerlangte gegen den Willen des Besitzers. Nicht immer gelang es, den Ausreißer wieder einzusperren. In früheren Jahren wurden dort auch Honig, Eier und Tierfelle aufgekauft. Die letzteren verblieben gleich zum Einsalzen dort.
Vor der Wende wurden noch viele Gelder für Baumaßnahmen seitens des GHG Kulturwaren eingesetzt. So entstand noch ein Lastenfahrstuhl, welcher nie zum Einsatz kam.
Mitte der 90er-Jahre wurden die Gebäude abgerissen, um der heutigen Wohnsiedlung Platz zu machen.“
Auch Renate Drichel erinnert sich: „Der abgebildete Gebäudekomplex beherbergte früher die Großhandelsgesellschaft Kulturwaren, die den Bezirk Cottbus mit Kunstgewerbe, Spielwaren, Fest- und Scherzartikeln beliefert hat. Ich habe selbst von 1960 bis 1991 in diesem Betrieb gearbeitet.
Die Gebäude waren ein Teil der Tuchfabrik Wissinger und gehörten bis in die 80er-Jahre Frau Tempel, einer Wissinger-Tochter. Erst in den 80er-Jahren hat Frau Tempel die Gebäude an unseren Betrieb verkauft.
Im linken Haus war das Lager Fest- und Scherzartikel, ganz vorn hatte die Fa. Georg Preuße noch Lagerräume.
Im rechten Gebäude befand sich im Erdgeschoss die Wareneingangs-Abteilung, im ersten Stock war der Kulturraum und dahinter der Musterraum Spielwaren, im oberen Stockwerk war das Lager für Plastspielwaren.“
Zu den Ansiedlungen ergänzt Dieter Herrmann: „Wenn ich mich recht erinnere, gab es im Hofinneren auch einen Messer- und Scherenschleifer.“
Vielen Dank allen Rätselfreunden!