Wir sprechen hier über einen „hoffnungslosen Romantiker“, der sein Leben den Strafgefangenen widmete und dabei nebenher in seiner Zeit zum Bestsellerautor wurde.
Schon Ehrenbürger Walter Drangosch bezeichnete ihn in einem frühen Heimatkalender als eine „bedeutende Persönlichkeit der Cottbuser Geschichte.“ Dabei war Wilhelm Speck, 1861 geboren, ein Hesse bis zum Tode. In Kassel, wo er starb, gibt es noch heute sein Ehrengrab. Aber Cottbus wurde für ihn eine wichtige Lebensstation, nachdem er am 1. April vor 130 Jahren (Freitag, 1. April 1892)sein Amt als Gefängnisgeistlicher antrat. Sieben Jahre lang betreute er hier Gefangene, und er setzte diese Arbeit in Halle und Berlin-Moabit fort. Statt die Gefangenen mit religiösem Stoff zu überfrachten, glaubte er, Bücher könnten „der Förderung der geistigen, moralischen und religiösen Besitztümer des Gefangenen, ja der Erhaltung seiner Lebenskraft überhaupt“ dienlich sein. So erfand er die Anstaltsbücherei. Es war eine Zeit, in der über den Sinn von Strafe, Resozialisierung und Prävention neu nachgedacht wurde. Specks Nachdenken brachte ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Marburg und andere Ehrungen ein.
Zu Ruhm aber kam er durch die Schriftstellerei, in der er seine Beobachtungen der Menschenschicksale verarbeitete. Wilhelm Speck hat eine Reihe bodenständiger Erzählungen aus seinem Berufsleben veröffentlicht, aber in der Cottbuser Zeit auch Fachliteratur geschrieben. Die Belletristik verschaffte ihm beachtliche Auflagen. Sein literarisches Debüt fiel in die Zeit am Cottbuser Zentralgefängnis. „Ursula – eine Geschichte aus Waldesgründen“ hieß die Romanze im Geschmack der Zeit. Bald aber erzählte er erkennbar von Menschen, denen er hinter Gittern begegnet war. 1894 erschien: „Die Flüchtlinge. Eine Geschichte von der Landstraße“. Es war, der Quelle des Gemäuers in der Bautzener Straße von Cottbus entsprechend, eine Story über Figuren, „die den Weg verloren hatten“, wie der Autor in der zweiten Auflage von 1906 deutlicher untertitelte. Noch vor dieser Zweitauflage versuchte sich Speck mit seinem großen Schicksalsroman „Zwei Seelen“, der in drei Auflagen immerhin mit 45 000 Exemplaren verkauft wurde.
In Cottbus schloss Wilhelm Speck enge Freundschaft mit Georg Heinrich Spiero, der hier Gerichtsreferendar war und später ein bedeutender Literaturkritiker und Wilhelm-Raabe-Biograph wurde.
Speck hörte schon mit 50 Jahren auf zu publizieren und lebte zuletzt zurückgezogen in Kassel. Zu seinem 60. Geburtstag verlieh ihm seine Geburtsstadt Großalmerode die Ehrenbürgerwürde. Der Theologe, Pädagoge und Erfolgsautor starb mit 64 Jahren in seiner Heimat.
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