Am 1. Juni erhalte ich in Lehde meinen Goldenen Meisterbrief. In den 50 Jahren als Fotografenmeister hat sich der Beruf stark gewandelt. In den 60er-Jahren erinnere ich mich an große Landhochzeiten. Ein Tag bleibt unvergessen. Mit dem Fahrrad und umfangreicher Ausrüstung wie Plattenkamera, Stativ und zehn Kassetten mit lichtempfindlichen Glasplatten fuhr ich los. Damals wurde noch auf Glasplatten belichtet. Für den Fotografen galt es, sich lange mit dem Motiv, der Bildgestaltung und der Belichtung auseinanderzusetzen. 120 Hochzeitsgäste belichtete ich so als Gruppenfoto auf die Platten. Auf dem Heimweg dann ein Unfall. Ich stürzte mit dem Rad. Die große Sorge: Haben die Glasplatten den Unfall überstanden? In der Dunkelkammer dann der Schreck. Drei Glasplatten waren gesprungen. Nach dem Entwi-ckeln wurden die Glasplatten geklebt und mit Pinsel und Farbe die Bruchstellen retuschiert. Die Aufnahmen waren gerettet. Lange Zeiten in der Dunkelkammer oder das Ansetzen von Chemikalien für die Entwicklungs- und Fixierbäder gehören der Vergangenheit an. Die Grundidee der Fotografie mit Licht zu malen, ist auch im digitalen Zeitalter geblieben. Es wird sich heute jedoch nicht mehr so viel mit dem Motiv auseinandergesetzt. In Sekunden entstehen dutzende Fotos. Schade ist, dass diese dann oft auf den Festplatten abgelegt und selten wieder angesehen werden. Das anfassbare Foto verliert an Bedeutung. Heute wird teilweise zu viel nachbearbeitet. Zu Zeiten der analogen Fotografie bezeichneten wir diese Ergebnisse als „Porzellanköpfe“. Dabei sind es oft die Falten, die ein Gesicht ausmachen. Ein breites Spektrum an Angeboten und eine hohe Qualität braucht es, um als Fotograf heute zu bestehen.