Strukturwandel als Rechenaufgabe – spannende Aktuelle Stunde der Cottbuser Stadtverordneten am 26.9.2018.
Cottbus (hnr.) In einer Art Bilanz des sitzungsfreien Sommers dankte Oberbürgermeister Kelch (CDU) am Mittwoch vor allem den Kameraden der Feuerwehren, die ungewöhnlich viele Brände löschten und auch gegen verheerende Feuer in der Lieberoser Heide zum Einsatz waren. Er dankte auch Sportlern, Theaterleuten und Vereinen für einen bunten, erfolgreichen Sommer und kündigte für den Herbst und Winter weitere Bürgerdialoge an.
Dem Urteil zur Ungültigkeit der Wahlen von 2014 messen die nach Richterschluss nicht gewählten Abgeordneten wenig Bedeutung bei. Kelch: „Es ist nicht gültig.“ Die Stadt geht in Berufung; alle Abgeordneten stimmten dem zu.
Die kritischen Stimmen Jürgen Maresch und Jürgen Siewert (Wählergruppe Unser Cottbus) weilten in Spanien und England. Von ihrem Platz hörte Jürgen Kassin, neuer Geschäftsführer der Wählergruppe, die Entschuldigung des Stadtverordnetenvorstehers Reinhard Drogla (SPD). Er hatte die Abgeordneten über die anstehende Klage nicht informiert und entschuldigte sich dafür. Maresch und Siewert hatten indessen öffentlich seinen Rücktritt gefordert.
Eine Aktuelle Stunde (aus der zwei wurden) befasste sich auf Antrag der SPD-Fraktion mit dem Strukturwandel. Impulse dazu, wie etwa die Nutzung von Brachen wie dem Spreeauenpark und dem TIP-Gelände oder Steuerhebel, gab es aus dem Parlament erwartungsgemäß nicht, nur Forderungen an Land, Bund und EU.
So gestalteten sich die Referate zu Nachhilfevorträgen. Immerhin gab sich Dr. Klaus Freytag, Lausitz-Beauftragter des Ministerpräsidenten, trostreich: „Wir stehen an keiner Kante, wir fallen in kein Tagebau-Loch.“ Die Flexibilisierung des Energiegeschäfts habe in der Lausitz begonnen. Das schaffe ihr Vorteile im Wettbewerb mit weiteren 40 Energieregionen innerhalb der EU. Allerdings sei der Bergbau, in dem durchschnittlich 4 200 Euro verdient werden (sonst 2 500), nicht leicht zu ersetzen.
Das unterstrich Leag-Chef Dr. Hilmar Rendez mit drei Zahlen, „die sich jeder Cottbuser und Lausitzer einprägen darf“: 8 000 Männer und Frauen beschäftigt die Leag aktuell, 6 000 davon arbeiten in Cottbus und Spree-Neiße, 4 000 wohnen und leben auch hier.
1,4 Milliarden Euro schüttet die Leag jährlich in die Lausitz, davon 550 Millionen für Gehälter, den Rest zur Bezahlung der Dienstleister, hinter denen 12 000 Beschäftigte stehen. 380 Unternehmen stehen auf der Leag-Lieferanten-Liste. 39,3 Millionen Euro gab Leag 2017 an Sponsoring aus.
10 ist die deutsche Glückszahl, wenn Wind, Sonne und Wasser fehlen, denn auch dann liefert die Lausitz 10 Prozent des deutschen Stroms – zuverlässig und sauber. Die Bundespolitik will das abschaffen. Aber auch Cottbuser Politik schätzt solche Sicherheit gering. Die Stadt will mit einem Gaskraftwerk die Wärmelieferung von Jänschwalde aushebeln.
Was Strukturwandel heißt, zeigt im Kontrast zu den Rendez-Zahlen gerade Sprembergs Papierfabrik. Klaus Freytag stellte fest: Mehrere hundert Millionen Euro sind dort nötig, um nur 200 neue Industriearbeitsplätze zu schaffen.
Weitere Beiträge aus Cottbus und Umgebung finden Sie hier!