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Theaterrezension: Glückssuche im Heidekraut

Anmerkungen zu „Franziska Linkerhand“ von Johanna Wehner.

Ein Bau-Haus, ein Lampenraster, Heidekraut und sechs Leute (v.l.): Markus Paul, Christian Ehrich, Manolo Bertling, Susann Thiede, Charlotte Müller und Gunnar Golkowski – Johanna Wehner (Fassung und Regie) hat Brigitte Reimanns 600-Seiten-Buch aufs Glück reduziert. Foto: Bernd Schönberger

Cottbus. Viel war es nicht, was Johanna Wehner „zwischen den Zeilen“ fand in Brigitte Reimanns Buch, das dereinst nach dem Besseren in diesem Leben, keinem fremden, suchte. Die viel zu früh verstorbene Dichterin (1933-1973) hat es nicht geschafft, ihren Roman zu vollenden; er blieb erzählerisches Fragment und hat doch so manchen Leser in der Hoffnung beflügelt, dass all das besser geht, was schon gut war. Ist es möglich, dem Notwendigen Schönheit zu geben? Glück? Hat die ziemlich autobiografische Franziska Linkerhand es vermisst? Haben Sie Glück? Sind Sie jetzt hier glücklich? So fragen die Darsteller, da und da ins Publikum zeigend wieder und wieder. Keine Antwort. Glück!
Das große Wort und das Tänzeln (gab es dafür eigentlich einen Choreografen?) auf kahler Bühne, mal stolpernd über hingeworfenes Heidekraut, sind nicht genug für ein Werk, dass mitten aus dem DDR-Leben kommt wie kein anderes Stück. Sagten namhafte Kritiker von diesseits und jenseits. Mag sein, dass Brigitte Reimanns Anspruch inzwischen aus der Zeit gefallen ist. Starre Vorschriften, die ihre Kreativität hemmten, sind aufgehoben, und Geld, an dem es fehlte, gibt es zur Genüge. So kann es auch nicht mehr kribbeln, wenn die Sätze ohne den Bezug, aus dem sie kamen, gelesen werden. Die am Rhein sozialisierte Johanna Wehner hat sich jedenfalls sehr bemüht, Spannung im wechselnden Erzählstil zu entdecken, und vieles gelingt auch nach der Pause, wenn das kleine Blockhaus zerlegt und der Strom vom Kraftwerk geschickt wird.
Das Stück ist mit großartigen Darstellern besetzt, die deklamieren und heftigst gestikulieren. Nicht immer lässt sich der Sinn das Tuns erkennen, aber wenn Susann Thiede erzählt, wie sie vom Bauern und seinen vier Kindern zur Gastwirtschaft kam und das Pathos mit halb ausbreitend, halb abfallenden Armen entkräftet, flirrt dieses Zwischen-den-Zeilen im Raum. Schön, dass in manchen Momenten Chopin-Adaptionen das Fehl auf der Bühne auffüllen (Musik: Vera Mohrs). Erstaunlich war der starke und lang anhaltende Beifall am Premierenabend. Weitere Vorstelllungen: 4. und 26. Oktober, 8.11. und 18.12. J. Heinrich

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