2 223 Kilometer weit folgt Jürgen HEINRICH am Nil und in der nubischen Wüste den Spuren Pücklers und seiner Machbuba. Er fand im Sudan das Reich der Schwarzen Pharaonen, Tempel, Pyraminden, Bauern und Beduinen. (Folge 7)
War die mysteriöse Backsteinburg nubisches Machtzentrum?
Von Khartum haben wir uns durch die Wüste nordwärts fast bis zum Assuan-Stausee durchgeschlagen. Wir trafen Pücklers Spur und sehen uns in der Nähe des 3. Kattarakts um.
Wieder ein kühler Morgen in der Wüste. Die Nacht hat ihr die Wärme und auch alle Farbe entzogen. Sobald die Sonne nach kurzer Dämmerung grelle Glut über die ferne Sandkante gießt, wird aus Nachtgrau wieder Sandgelb, Zeltblau und Steinschwarz; im Nu grüßt wärmelnd ein neuer Tag.
Wir stärken uns mit Hibiskustee und Fladenbrot für ein Stück Wanderweg. Bald holen uns die Jeeps ein; das Fahrziel liegt am Nil. Das Dorf Kerma besteht aus Lehmhäusern, Palmen und einem Netz von Ackerwegen. Hoch, klobig und etwas düster ragt ein Berg aus der Ebene. Davor ein Zaun und drei uniformierte Wächter. Sie fordern unsere Pässe und kontrollieren sie mit feierlichem Ernst. Das Tor öffnet sich, und wir haben Zugang zu diesem mysteriösen Ort. Ein gewaltiger Berg, aus gebrannten Ziegeln gemauert, massiv, kompakt, ohne Innenraum. Treppen führen hinauf, Teile des Hügels sind verwittert. Kein Wunder: Die Kerma-Zivilisation erblühte hier vor viereinhalb tausend Jahren und welkte vor 2400 Jahren dahin.
Der Schweizer Professor Charles Bonnet gräbt, forscht und dokumentiert hier seit 1977. Klar war, dass von hier aus die Schwarzen Pharaonen regierten. Sie waren so mächtig, dass sie von Nubien aus Ägypten beherrschten und mit sieben aufeinander folgenden Pharaonen als 25. ägyptische Dynastie in die Geschichte eingingen. Aber was trieb sie dazu, Berge zu mauern? Ein Rätsel, das auch das Alte Testament nicht löst. An zwei Stellen (Könige, Kap.19, Vers 9 und Jesaja, 37.9) ist „Thirhaka, der Mohren König“, erwähnt. Er mischt sich in die Auseinandersetzung zwischen Hiskia, König von Juda (Jerusalem/Israel) und Sanherib, Herrscher der Assyrer (heute etwa Syrien, Iran, Irak) ein. Die „Tröpfelburg“, die wir erklommen haben, ist ganz offensichtlich eine der ältesten Tempelanlagen der Welt. Zumindest dem Schweizer Professor ist diese Bedeutung klar. In den Ruinen der Stadt, die Ägypter ganz in der Nähe errichteten, nachdem sie die schwarzen Pharonen besiegt hatten, fand er vor Jahren in einer „Müllgrube“ sieben Statuen. Eine archäologische Sensation! Hatten die Ägypter die Bildnisse ihrer Feinde entsorgt? Oder hatte es innerhalb der Dynastie Streit gegeben? Keiner weiss es. Immerhin ließ das Schweizer Grabungsteam an diesem bedeutsamen Ort ein modernes Museum errichten, in dem die Schwarzen Pharaonen, oder, wie sie in der Bibel genannt sind, „Könige der Mohren“, einen Ehrenplatz fanden. Leider glückte uns kein Zugang zu dem prächtigen Haus. Sein Leiter war gerade in den Flitterwochen und hatte den Schlüssel dabei! Afrikanische Wirklichkeit. Die uniformierten Wächter zucken hilflos die Schultern. Sie werden nur ganz selten an ihrem schattigen Platz von Touristen gestört.
Wir scheiden von Machbubas wohl berühmtesten Vorfahren. Die schöne Gefährtin Pücklers soll, so wird kolportiert, eine „nubische Prinzessin“ gewesen sein. Belege dafür gibt es nicht. Pückler kaufte das intelligente Mädchen in Kairo auf dem Sklavenmarkt. Unser nubischer Freund Ahmed kennt diese Deutung, will sie aber nicht bestätigen: „Kann sein oder auch nicht. Es gab zu hunderten kleine ‘Fürstentümer’ bei uns. Vielleicht ist sie ja als ‘Prinzessin’ geboren…“
Bevor wir uns auf einen 260 Kilometer weiten Weg ostwärts durch die Wüste machen, stärken wir uns bei Tee unbd Ziegenfleisch in dem lebhaften Dorf Murgeg an einem Straßen-Abzweig. Im Gewirr aus Eselskarren, Lkw und arabischen Händlern bieten sich schönste Fotomotive. Verboten! geben uns zornig zwei Zivilpolizisten zu verstehen. Sie zücken Ausweise und bedrängen uns. Ahmed kann schlichten, aber nicht erklären: „Sie bestimmen…“