Schon vom Zusehen kann einem schlecht werden: Mit der Nase nach oben steigt das Flugzeug in den blauen Maihimmel, kippt vornüber und schraubt sich um die eigene Achse. Für eine Sekunde setzt der Motor (und beim Zuschauer das Herz) aus, dann ertönt wieder sein lautes Knattern. Klaus Schrodt hat seine Maschine im Griff. In der letzten Woche trainierte der Freistil-Weltmeister gemeinsam mit der deutschen Motorkunstflug-Nationalmannschaft auf dem Verkehrslandeplatz Drewitz (Amt Jänschwalde). Seit Jahren schon zieht es die waghalsigen Sportler auf den ehemaligen Armeeflugplatz, der wegen seiner ortsfernen Lage ideale Trainingsbedingungen bietet. Alle fliegen in der höchsten, der Unlimited-Klasse – ohne Einschränkungen hinsichtlich Figuren und Schwierigkeitsgrad.
Während Schrodt wieder und wieder durchstartet, erzählt Ulrich Benning in einer Flugpause von der Faszination dieses Sports, der, so sagt er, kein billiger sei: “Wir müssen auf viele andere Sachen verzichten.”
Versicherung, Hangarmiete, Sprit, ganz zu schweigen von den Flugzeugen, die sich der einzelne oder aber eine Haltergemeinschaft leistet – alles hat seinen Preis. Und weil es kein fernsehtauglicher Sport ist, ließen sich nur schwer Sponsoren finden.
“Kunstflug ist wie Eiskunstlauf”, meint Benning, der beruflich einen Lufthansa-Airbus steuert. Bei Meisterschaften sind ein Pflichtprogramm und eine Kür zu absolvieren. Hinzu kommt ein unbekanntes Programm, das erst drei bis vier Stunden vorher bekanntgegeben wird. Die Jury wertet mit Punkten von 1 bis 10. Es gibt zwei Arten des Kunstflugs. Beim klassischen werden Grundfiguren wie Looping und Rolle in Variationen und mehreren Schwierigkeitsgraden gezeigt. Beim Freistil hingegen kann der Pilot seiner Phantasie freien Flug lassen und neue Figuren, vielleicht mit farbigen Rauchfahnen, entwickeln. Kampfrichter und Zuschauer freut’s gleichermaßen. Damit die nicht nur auf ein schwarzes Pünktchen im weiten Himmel starren, ist eine Flugbox von 1x1x1 Kilometer festgelegt. Die Fluguntergrenze liegt bei 300 bis 400 Metern.
Wichtige Voraussetzung für diesen Sport ist körperliche Fitness. Ulrich Benning: “Die Belastungen sind hoch. Es wirken Kräfte bis zur zehnfachen Erdbeschleunigung. Da wiegt man plötzlich das Zehnfache.” Ein starkes Herz ist also vonnöten. Grund für Benning, nach dem Training zurück nach Tauer ins Hotel zu joggen.
40 bis 50 Kunstflieger hat Deutschland. Sie fliegen in speziellen Flugzeugen, die mit einem lageunabhängigen Benzin- und Ölsystem ausgerüstet sind. “Unfälle gibt es im Training und bei Meisterschaften kaum”, beruhigt Ulrich Benning, “eher bei Flugshows. Wegen des dort üblichen Tiefflugs hat man zu wenig Luft unter dem Flügel.”
Wünschen wir den Piloten also ausreichend Luft unterm Flügel bei der Deutschen Meisterschaft Ende Juni in Dresden.
C.N.
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