Den Hafen von Piräus hat der Turner Gustav Schuft, Jahrgang 1876, wahrscheinlich nie gesehen. Seine Berliner Turnerriege fuhr 1896 mit dem Zug zur ersten Olympiade der Neuzeit. Die Männer belegten als Mannschaft am Barren und am Reck jeweils den 1. Platz, wurden mit Silbermedaillen statt des heute üblichen Goldes geehrt und vom griechischen König empfangen. Letzteres hat den Sportlern besonders imponiert, denn daheim wurden sie keineswegs gefeiert, sondern sogar aus der chauvinistischen Turnerschaft ausgeschlossen. Die olympische Idee war längst noch nicht überall gefeiert. Schuft wurde bald nach seiner Rückkehr zum Militär eingezogen und landete im 52er Regiment in Cottbus. Er wechselte seinen Wohnsitz nach hier und gründete 1898 die Stempelfirma und Gravieranstalt, die später sein Enkelsohn Hans Schuft bis in die Gegenwart führte. Gustav Schuft wurde Mitglied des 1861 gegründeten Turnvereins Cottbus und blieb Jahrzehnte aktiv in seinem Sport – ein Vorbild für Turnerinnen und Turner aus Forst und Cottbus, die später Medaillen in die Lausitz brachten. Zuletzt war das mit zweimal Silber (Mannschaft und Sprung) Silvio Kroll 1988 in Seoul. Er, Gustav Schuft und alle die anderen werden mit ihren Medaillen auf dem Weg des Ruhmes am Cottbuser Rathaus geehrt.
Im riesigen Hufeisen aus Marmor mit der 204 Meter langen Laufstrecke haben sich die Sportler damals vor 50 000 Zuschauern präsentiert. Außer dem Turnen wurden hier auch Leichtathletik und die Wettkämpfe im Ringen und Gewichtheben ausgetragen. 2004, als es wieder Spiele in Athen gab, war das Fußballstadion „Spyros Louis“, benannt nach dem ersten Marathonsieger, Hauptaustragungsort. In der Arena, die Gustav Schuft kannte, wurden die Vergleiche im Bogenschießen ausgetragen. Und als Griechenland 2004 überraschend Fußball-Europameister wurde (Endspiel gegen Portugal), feierte das Land seine Helden an genau dieser historischen Stätte am Rande des Zentrums der Metropole Athen.
Wer heute in dieses wunderbare Land reist, besucht die prominenten Stätten ältester Kultur. Magnet für viele Millionen Touristen alljährlich ist der Burgberg, der der Göttin Athene geweiht ist. Die weltweite Notlage in dieser Saison führt zu gänzlich ungewohnter Ruhe am grünen Fuße der Oberstadt und auf den breiten Stufen, die zu den Tempeln führen. Statt Tausender sind es nur Hunderte, die stündlich nach oben streben, um die Bauwerke der Antike zu bestaunen. Sie waren nicht im sportlichen Geist errichtet, sondern hatten Macht und Reichtum zu demonstrieren. Kein Wunder, dass die Perser schon 500 vor Christus alle Pracht zerstörten und auch später immer wieder Unheil folgte. Der Anfang aber war auch hier olympisch: Zeus schickte Athena und Poseidon in einen Wettbewerb. Der Meeresgott schlug mit seinem Dreizack eine Salzquelle in den Felsen, aber Athene brachte einen früchtetragenden Olivenbaum und überzeugte damit. Er steht bis heute symbolisch da oben, und seine Zweige waren höchster Preis früher Olympioniken.
Demnächst: Heraklion auf Kreta
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