In einer Zeitspanne von über 50 Jahren weilte Fürst Pückler mehrmals in der Schweiz, unsere heutige Wanderung mit dem Weltenbummler folgt im wesentlichen seinen Jugendwanderungen. 1806 war er von Muskau aufgebrochen, um auf seine Art das Leben in Europa zu erkunden. Diese Tour war für einen Adligen seines Standes allerdings etwas ungewöhnlich, denn der geizige Vater hielt das Geld knapp, so daß er zeitweise sehr bescheiden und anonym lebte, große Strecken zu Fuß zurücklegte, von alten Schulden geplagt und immer wieder von den ausbleibenden Geldsendungen aufgehalten. Andererseits hatten diese Jugendwanderungen kein eigentliches Ziel, der Weg war das Ziel. So sah er Prag, Wien, München, Stuttgart, Zürich, Genf, Lyon, Marseille, Genua, Mailand, Florenz, Venedig, Rom, Neapel, Straßburg und Paris, eilig hatte er es nirgends und erst 1810 kehrte er nach Muskau zurück. Die gekürzten Zitate entstammen dem erst 1873 veröffentlichten Reisetagebuch.
So ein Reinfall
Der Baedecker nennt in seiner aktuellen Schweiz-Ausgaben 35 Top-Reiseziele, die man auf keinen Fall versäumen sollte, mehr als die Hälfte davon sah Pückler vom Mai bis August 1808. Wir können ihn hier nur die ersten Wochen begleiten. Erste Station in der Schweiz war Stein am Rhein. In dem heute wegen seiner mittelalterlichen Innenstadt bewunderten Städtchen mit dem Beinamen “Rothenburg des Hochrheins” besichtigte er römische Ruinen und nahm dann das Marktschiff nach Schaffhausen. Der gewaltige Fall des Rheins zog ihn geradezu magisch an: “Meine Ungeduld, den Rheinfall zu sehen, war zu groß, als daß ich bis Nachmittag damit hätte warten können; halb laufend, halb gehend legte ich die Stunde bis zum Schloß Lauffen zurück.” Doch nein, welche Enttäuschung, was für ein Reinfall: “Mein Gott, wer je ein großes Wehr gesehen hat, über das sich ein wilder, angewachsener Strom herabstürzt, kann sich gewiß die Reise nach Schaffhausen ersparen.” Am nächsten Tag urteilte er freundlicher, doch die große Begeisterung wollte sich nicht einstellen.
Die Stadt am See
Über Winterthur, auch eines der “Top-Reiseziele”, mit einer Übernachtung im Gasthof Zur Goldenen Sonne erreichte Pückler Zürich, wo er im Gasthof Zum Raben Quartier nahm, es ist das “Rabenhaus”, das noch heute an der Schifflände steht. Übrigens, als Fürst Pückler 1846 erneut in Zürich weilte, wohnte er im Grandhotel Bauer, über Jahrzehnte das nobelste Haus am Platze. Die Stadt am See gefiel Pückler ausnehmend gut. Er ließ sich vom Flair der alten, reichen Stadt einnehmen, besichtigte die Kirchen und besuchte die Bibliothek. Zürich war auch damals schon eine Kunststadt, so verwundert es nicht weiter, daß eine Kunstausstellung ebenso wie Atelierbesuche auf dem Besuchsprogramm standen.
Für die Ausflüge in die reizende Umgebung (wie überhaupt für die ganze Schweizreise) benutzte Pückler ein Reisebuch, das noch heute hochgeschätzt wird. Der Verfasser war der aus dem damals ostbrandenburgischen Züllichau (heute polnisch Sulechów) stammende Heinrich Ebel.
Luzern
So interessant Zürich auch war, Pückler mußte weiter, südwärts zog es ihn. Erste Station war der Albispaß. Dort genoß er mit einem Herrn Bethmann den Sonnenuntergang und das Panorama auf den Zürcher See. Am nächsten Tag kam er mittags bis zur Stadt Zug. Dort schiffte er sich nach Küßnacht ein, um Tell’s Kapelle zu besichtigen. Wieder eine Enttäuschung: “Die Wände der Kapelle sind mit schlechten Gemälden bedeckt. Die hohle Gasse ist nichts als ein simpler mit Buchengebüsch eingefaßter Hohlweg, der mitten durch eine Wiese führt.” Von Küßnacht ging es über den Vierwaldstätter See nach Luzern. Schon lange ist Luzern die Schweizer Touristenstadt par exellence, malerisch gelegen am Nordende des Vierwaldstätter Sees, umgeben von markanten Hausbergen, dem Pilatus, der Rigi und dem Bürgenstock. Die Sehenswürdigkeiten der Stadt waren bald absolviert, die Spaziergänge bald in die Umgebung ausgedehnt. Üppige Blumenwiesen am Fuße des Pilatus, die wilde Felsenschlucht des Renglochs oder die Aussicht vom Dietschiberg waren die Ziele. Pückler blieb zunächst nur eine Woche in Luzern, dann zog er über den St. Gotthardt-Paß ins Tessin (darüber werden wir in einer anderen Folge dieser Serie berichten). Nach rund zwei Wochen kam er aber erneut nach Luzern, er hatte ein konkretes Ziel: die Besteigung der Rigi.
Die Rigi
Die Rigi, abgeleitet von “Regina montium” = Königin der Berge, ist noch heute der berühmteste Aussichtsberg der gesamten Schweiz. Zahllose Reisende kamen, hier nur einige Berühmtheiten: Goethe, Dumas Mark Twain, Zar Alexander und Carl Maria von Weber, die englische Queen Viktoria wurde mit einer Sänfte hinaufgetragen. Pückler mußte in Luzern eine Pause einlegen, denn das Wetter war genauso schlecht wie seine Gesundheit. Nach etwa zwei Wochen fuhr er mit dem Schiff bis Weggis am Fuße des berühmten Bergstocks. Von einem Führer geleitet begann der Aufstieg. “Gegen Abend erreichten wir die höchste Spitze der Rigi, die Kulm genannt wird. Die berühmte Aussicht breitete sich, von der Sonne erleuchtet, vor uns aus.” Der Blick schweifte von den Schneebergen des Berner Oberlandes bis in die schwäbischen Ebenen. “Es ist ein seltsames Gefühl, mitten aus den Wolken herab die unübersehbaren Länder in feierlicher Ruhe wie ein unermeßliches Gemälde vor sich liegen zu sehen.” Doch der absolute Rigi-Kick blieb ihm verwehrt – der Sonnenaufgang, den er, übrigens wie Mark Twain auch, wegen der Strapazen verschlief. Heute gelangt man mit mehreren Seilbahnen hinauf, in einem guten Hotel kann man das Spektakel ohne besondere Anstrengung erwarten, allerdings – mit der Bergeseinsamkeit ist es vorbei.
Siegfried Kohlschmidt
So ein Reinfall
Der Baedecker nennt in seiner aktuellen Schweiz-Ausgaben 35 Top-Reiseziele, die man auf keinen Fall versäumen sollte, mehr als die Hälfte davon sah Pückler vom Mai bis August 1808. Wir können ihn hier nur die ersten Wochen begleiten. Erste Station in der Schweiz war Stein am Rhein. In dem heute wegen seiner mittelalterlichen Innenstadt bewunderten Städtchen mit dem Beinamen “Rothenburg des Hochrheins” besichtigte er römische Ruinen und nahm dann das Marktschiff nach Schaffhausen. Der gewaltige Fall des Rheins zog ihn geradezu magisch an: “Meine Ungeduld, den Rheinfall zu sehen, war zu groß, als daß ich bis Nachmittag damit hätte warten können; halb laufend, halb gehend legte ich die Stunde bis zum Schloß Lauffen zurück.” Doch nein, welche Enttäuschung, was für ein Reinfall: “Mein Gott, wer je ein großes Wehr gesehen hat, über das sich ein wilder, angewachsener Strom herabstürzt, kann sich gewiß die Reise nach Schaffhausen ersparen.” Am nächsten Tag urteilte er freundlicher, doch die große Begeisterung wollte sich nicht einstellen.
Die Stadt am See
Über Winterthur, auch eines der “Top-Reiseziele”, mit einer Übernachtung im Gasthof Zur Goldenen Sonne erreichte Pückler Zürich, wo er im Gasthof Zum Raben Quartier nahm, es ist das “Rabenhaus”, das noch heute an der Schifflände steht. Übrigens, als Fürst Pückler 1846 erneut in Zürich weilte, wohnte er im Grandhotel Bauer, über Jahrzehnte das nobelste Haus am Platze. Die Stadt am See gefiel Pückler ausnehmend gut. Er ließ sich vom Flair der alten, reichen Stadt einnehmen, besichtigte die Kirchen und besuchte die Bibliothek. Zürich war auch damals schon eine Kunststadt, so verwundert es nicht weiter, daß eine Kunstausstellung ebenso wie Atelierbesuche auf dem Besuchsprogramm standen.
Für die Ausflüge in die reizende Umgebung (wie überhaupt für die ganze Schweizreise) benutzte Pückler ein Reisebuch, das noch heute hochgeschätzt wird. Der Verfasser war der aus dem damals ostbrandenburgischen Züllichau (heute polnisch Sulechów) stammende Heinrich Ebel.
Luzern
So interessant Zürich auch war, Pückler mußte weiter, südwärts zog es ihn. Erste Station war der Albispaß. Dort genoß er mit einem Herrn Bethmann den Sonnenuntergang und das Panorama auf den Zürcher See. Am nächsten Tag kam er mittags bis zur Stadt Zug. Dort schiffte er sich nach Küßnacht ein, um Tell’s Kapelle zu besichtigen. Wieder eine Enttäuschung: “Die Wände der Kapelle sind mit schlechten Gemälden bedeckt. Die hohle Gasse ist nichts als ein simpler mit Buchengebüsch eingefaßter Hohlweg, der mitten durch eine Wiese führt.” Von Küßnacht ging es über den Vierwaldstätter See nach Luzern. Schon lange ist Luzern die Schweizer Touristenstadt par exellence, malerisch gelegen am Nordende des Vierwaldstätter Sees, umgeben von markanten Hausbergen, dem Pilatus, der Rigi und dem Bürgenstock. Die Sehenswürdigkeiten der Stadt waren bald absolviert, die Spaziergänge bald in die Umgebung ausgedehnt. Üppige Blumenwiesen am Fuße des Pilatus, die wilde Felsenschlucht des Renglochs oder die Aussicht vom Dietschiberg waren die Ziele. Pückler blieb zunächst nur eine Woche in Luzern, dann zog er über den St. Gotthardt-Paß ins Tessin (darüber werden wir in einer anderen Folge dieser Serie berichten). Nach rund zwei Wochen kam er aber erneut nach Luzern, er hatte ein konkretes Ziel: die Besteigung der Rigi.
Die Rigi
Die Rigi, abgeleitet von “Regina montium” = Königin der Berge, ist noch heute der berühmteste Aussichtsberg der gesamten Schweiz. Zahllose Reisende kamen, hier nur einige Berühmtheiten: Goethe, Dumas Mark Twain, Zar Alexander und Carl Maria von Weber, die englische Queen Viktoria wurde mit einer Sänfte hinaufgetragen. Pückler mußte in Luzern eine Pause einlegen, denn das Wetter war genauso schlecht wie seine Gesundheit. Nach etwa zwei Wochen fuhr er mit dem Schiff bis Weggis am Fuße des berühmten Bergstocks. Von einem Führer geleitet begann der Aufstieg. “Gegen Abend erreichten wir die höchste Spitze der Rigi, die Kulm genannt wird. Die berühmte Aussicht breitete sich, von der Sonne erleuchtet, vor uns aus.” Der Blick schweifte von den Schneebergen des Berner Oberlandes bis in die schwäbischen Ebenen. “Es ist ein seltsames Gefühl, mitten aus den Wolken herab die unübersehbaren Länder in feierlicher Ruhe wie ein unermeßliches Gemälde vor sich liegen zu sehen.” Doch der absolute Rigi-Kick blieb ihm verwehrt – der Sonnenaufgang, den er, übrigens wie Mark Twain auch, wegen der Strapazen verschlief. Heute gelangt man mit mehreren Seilbahnen hinauf, in einem guten Hotel kann man das Spektakel ohne besondere Anstrengung erwarten, allerdings – mit der Bergeseinsamkeit ist es vorbei.
Siegfried Kohlschmidt
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