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Sonne bei Nacht und Nordkap im Nebel

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Auf den Spuren des Kaisers. Deutschlands zweiter Wilhelm liebte Norwegen. Den abgelegenen Gipfel von Digermulen erwanderte Seine Majestät am 21. Juli 1889,
erzählt der Gedenkstein
Fotos: J. Heinrich

Vom Nordkap werden wir kaum etwas sehen. Der Gipfel des Felsens hüllt sich, wie so oft, in dichten Nebel, Sturm peitscht über das Plateau, so dass sich die Touristen in die unterirdischen Museumsgänge flüchten. Dort sehen sie im Diorama Kapitän Richard Chancellor, der 1553 mit einer englischen Flotte auf der Suche eines Nordweges nach China war. Er strandete in Russland, aber immerhin taufte er diesen nördlichsten Zipfel des europäischen Festlands auf „North Cape“. Heute ist das ein magischer Punkt für Touristen auf allen Schiffsgrößen, besonders zur Mittsommerzeit. Vergleichbares Menschengedränge gibt es in Cottbus nur beim Stadtfest.
Wir haben auf dem Weg nach hier zwischen den tausenden Inseln und in engen Fjorden Norwegens die Würde der königlichen Landschaft gesucht und dabei gar die Spuren des Kaisers gefunden. Deutschlands Wilhelm II. war bekanntlich ein Norwegen-Fan. Hier suchte er die Größe der Stille und erwanderte die windgeschliffenen Felsen von Digermulen. Ein ganzes Gespinst von Legenden umgibt diese etwas exzentrischen kaiserlichen Ausflüge. Am Schluss bleibt alles Teil der Werbung für den Fjordtourismus.
Der lohnt sich aber auch, um den Wikingern auf die Spur zu kommen. Weit im Norden Norwegens, etwa 100 Kilometer nördlich des Polarkreises, recken sich die Lofoten mit etwa 80 Inseln westwärts ins Meer. Wir schauen uns Svolvaer an, mit 4 487 Einwohnern die größte Stadt dieser Nordland-Provinz. Das satte Grün des zerklüfteten Eilandes profitiert von erstaunlich mildem Klima. Im Sommer wird es niemals heiß, aber im Winter auch nicht wirklich kalt. Der Golfstrom wirkt auch hier noch. Die Durchschnittstemperatur im Januar liegt bei +1,8 Grad. Das erleichtert den Fischern in der Fangsaison die Arbeit. Seit Jahrhunderten und noch heute gehen sie auf Kabeljau (50 000 t jährlich). Der größte Anteil wird als Stockfisch (Trockenfisch) exportiert, insbesondere in die mediterranen Länder. Und so zeigt sich die Landschaft geprägt von den großen Gestellen der säuberlich aufgespießten Fische oder auch nur Fischköpfe, unter denen dicke Wollschafe Schatten finden.
In der Stadt gibt es ein Museum, das von der deutschen Besatzung im II. Weltkrieg erzählt. Das Thema begleitet uns auch weiter nordwärts bis Hanningsvag, dem letzten Verwaltungssitz 40 Kilometer südlich vom Kap. Hier hat die Wehrmacht bei ihrem Rückzug grausam die Anordnung der „verbrannten Erde“ umgesetzt. Nichts, außer der Kirche, blieb stehen. Trotzdem sind hier bereits seit Mitte der 1950er Jahre und bis heute mit zunehmender (wenn auch nordisch reservierter) Herzlichkeit deutsche Touristen willkommen.
Relativ jung ist in Borg, das bei gut 68° nördlicher Breite liegt, ein Wikingermuseum. Die legendären Seefahrer siedelten hier etwa um 1 000 bis 1 400. Borg war ein Häuptlingssitz und damit Steuerzentrale für die weiten Raubzüge, die bis nach Mitteleuropa und auch nach Amerika führten. Vor knapp 20 Jahren wurde in den lofotischen Hügeln ein Langhaus von 40 mal 8 Metern ausgegraben. Die archäologischen Befunde waren so aussagekräftig, dass eine zuverlässige Rekonstruktion das Wohnen, Arbeiten und die Tierhaltung unter einem Dach heute anschaulich nachgestalten kann.
Uns treibt der „Wikingergeist“ weiter – hinaus aufs Meer, nordwärts. Im Nebel taucht die Bäreninsel auf, einer der einsamsten Orte dieser Welt. Kein Baum, kaum Tiere, nur Moose, Kräuter und Sturmvögel. Politisch ein Niemandsland. Wir halten Kurs auf Spitzbergen.
Letzte Folge:
Mitten im ewigen Eis

Licht des Nordens. Wir überqueren den Nördlichen Polarkereis und genießen das Sonnenlicht zur Mitternacht
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