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Sonntagswanderung Nr. 5: Radeln auf Panzerpisten

Kirche Laubst
Klein, romantisch verwinkelt ist der Friedhof, der sich um die über 500jährige Kirche von Laubst legt. Ein schattiges Plätzchen zu besinnlicher Ruhe. Ehrwürdige Steine und Eisenkreuze erinnern an den Zeitenlauf. Die hübsche Kirche mit barocker Haube hat Bergbauschäden, strahlt aber ungebrochen Würde aus.

Südwärts durch Cottbus radeln – an Wochenenden kein Problem, weil teilweise breite Gehwege auch als Radwege dienen, und gleich hinterm BowlingIn wird’s grün.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Interessante Dorfkirchen entdecken wir südlich von Cottbus. Ziemlich versteckt hinter sehr hohen Bäumen, etwas von der Straße zurückgesetzt, steht die Leuthener Kirche, ein Bauwerk aus dem späten 15. Jahrhundert. Der geradezu schinkelhaft anmutende Turm allerdings wurde erst 1854 angefügt. Im Altaraufsatz von 1593 gibt es einen Schrein, der von 1435 stammt. Ein Pfarrerssohn – Oskar Pank, hier 1838 geboren – wurde Pfarrer und Superintendent an der berühmten Leipziger Thomaskirche.

Wir durchqueren Groß Gaglow und folgen Rad-Wegweisern Richtung Schorbus und Drebkau. Ja, genau hier erleben wir erst auf Beton, bald aber auf Schotter die alte Russen-Panzerstraße, die dereinst natürlich mied, wer’s konnte. Keine Angst – das ist jetzt ein malerisch, fahrradgerecht asphaltierter Weg, der uns zwischen Robinien und später Birken und Eichen schon bald durch Kiefernwald nach Oelsnig bringt. Eine liebenswerte Endeckung: Saftige Wiesen mit leuchtendem Fingerhut am Waldesrand. Drüben das flache Haus ist 200 Jahre alt und fast noch unverändert. Die Frau, die nun im neuen Haus dahinter lebt, erzählt vom Gutshaus, das mal ein Chemnitzer Strumpffabrikant hier als Jagdsitz nutzte, das die Polen aber nach 1945 anzündeten. Erhalten hat sich nur das Gutsarbeiterhaus. Man denke: Zwei Familien sollen drin gewohnt haben. Ob wir solche Denkmale noch lange erleben?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Oelsnig, Ortsteil von Auras, das wiederum zu Schorbus gehörend. Ein Idyll wie im schönsten Bilderbuch. Die Straße zwischen der Wiese und dem 200jährigen Gutsarbeiterhaus war vor 1990 eine Panzerstraße. Nachts donnerten die russischen Kettenkanonen hier lang, morgens mußten die Siedler erst die tiefen Rinnen zuschippen, um mit ihren Ackerwagen aus dem Tor und aufs Feld zu gelangen.

Wir beenden die schöne Rast auf der Wiese und radeln Richtung Auras. An der riesigen Robinie schwenken wir nach links Richtung Rehnsdorf. Rechts begleitet uns kilometerlang ein Sonnenblumenfeld, das jetzt gerade gelb wird. Wir blinzeln gegen die Sonne und wähnen uns in Südfrankreich. Welch ein Licht auch hier unter klarem Lausitz-Himmel!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sehenswert in Jehserig: Das wunderbar restaurierte Gutshaus beherbergt das Gemeindebüro. Davor haben sich Witzbolde einen Pflanz-Gag ausgedacht. Wohl 20 Jahre wird die Lärche gebraucht haben, im Autoreifen so groß zu werden.

Jehserig kommt bald. Hier ist das Dorftheater von einst, in dem Hansdieter Neumann Regisseur war und das DDR-weit bekannt wurde, längst vergessen. Dafür ist ein prächtig restauriertes Herrenhaus zu bestaunen. Die jetzigen “Herren” bekommen gerade Kirchers Bier angeliefert – vielleicht für eine lange Gemeinderatstagung.
Erwähnt ist “Jerisk” erstmals 1538, die Herrschaften haben oft gewechselt, aber schon ab etwa 1890 lief der Bergbau dem Hopfen- und Hirseanbau den Rang ab. Reich hieß der letzte Gutshausbesitzer und vielleicht war er’s auch. Das Bauwerk hat guten Stil.

 

 

 

 

 

 

 

 

Gasthäuser am Wegesrand waren und sind ein Glück für den Wanderer. In Vor-Auto-Zeiten waren sie gefragter als heute. Zwischen Leuthen und Hänchen erinnert die stillliegende “Bergschänke” an Opas Ära.

Gleich sind wir in Drebkau, und hier ist das Brauhaus DIE Sehenswürdigkeit. Die Brauerei ist zu besichtigen, einkehren aber kann man erst abends oder an den Wochenenden. Und natürlich Kircher’s-Bier trinken – eine, wenn nicht überhaupt DIE Cottbuser Traditionsmarke. Die Kircher-Zwillinge, überall in der Gegend bekannt, brauen nach großväterlicher Rezeptur. Immer mehr Gasthäuser der Umgegend führen dieses echte Standort-Bier.
Nein, das Drebkauer Schloß gibt es nicht mehr, war auch längst nicht mehr sehenswert. Wir halten uns an der Kirche rechts und sind gleich wieder in herrlicher Landschaft auf dem Wege nach Laubst.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf ganze Busse hingegen ist das historisierte Drebkauer Brauhaus eingestellt. An den Wochenenden sitzt sich’s gut im Garten.

Der Ort läßt noch die weite Anlage des Angerdorfes mit Dorfteich ahnen. Eine riesige Napoleoneiche steht seit 1813, links davon vergleichsweise zierlich eine schöne Kirche mit einem kleinen Friedhof, dem man die Jahrhunderte des Werdens und Vergehens ansieht. Hier scheint die Welt noch in Ordnung. Das einzige, was zu vernehmen ist, sind die Froschstimmen aus dem Dorfteich.
Wir wollen die fast feierliche Ruhe nicht stören. Wir nehmen einen links abzweigenden Weg nach Klein Oßnig, schwenken aber bald vor der Bahn wieder links ab, erfreuen uns aus ein Stück Entfernung links am schönen Laubster Kirchturm. Nun ist Leuthen unsere nächste Station. Nach rechts ist die Hauptstraße noch immer im Bau; wir fahren kurz links, dann bei der Gaststätte mit dem schönen Namen “Ruine” noch vor der Kirche rechts in die Cottbuser Straße.
Die Kirche mit ihrem Umfeld ist eine Rast wert. Auch hier, wie in Laubst, offenbar Zurückhaltung bei der Sanierung, weil vielleicht Bergbauschäden zu befürchten waren. Aber das Bauwerk und die grüne Kirchenanlage sind sehenswert.
Wir nähern uns dann über einen beachtlichen Hügelrücken hinweg der großen Stadt. Und richtig: Daß es die Menschen einst in dieses schöne Stück Natur zu Kaffee und Plinzen, vielleicht auch zu Bier, Bockwurst und Tanz zog, zeigt die stillgelegte Bergschänke von Erwin Kneiding. Kennt die noch jemand?
Wir haben noch drei Kilometer bis Hänchen vor uns, erstmal glücklicherweise bergab, nun aber durch weniger romantischen Stangenwald. Wer Lust drauf hat, kann sich einen böhmischen Zieleinlauf leisten. Das Gasthaus im Ort ist original im Stile der Bierheimat eingerichtet und auch bewirtschaftet. Dann könnte der Wag nach Kolkwitz oder zurück nach Gaglow genommen werden…

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