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Tierpark Cottbus: Der Chef der Tiere geht nach Hause

Klaus-Jürgen Jacob
Klaus-Jürgen Jacob.

Nicht nur ein, sondern zwei Superlative rahmen das Schaffen von Tierparkdirektor Klaus-Jürgen Jacob im Tierpark Cottbus ein: Als er am 1. März 1966 hier die Verantwortung übernahm war er mit 26 Jahren jüngster Tierparkdirektor der DDR. Heute, in seinem 36. Jahr als Chef der Tiere kann er wiederum mit Stolz seinen Titel als dienst ältester Direktor vorweisen. Doch sein Verdienst misst sich nicht nur an Jahren – er füllte den Job auch mit dem Herzen aus. Und das wird wohl auch noch eine Weile im Tierpark bleiben, auch wenn er heute, einen Tag vor seinem 62. Geburtstag aus dem Amt entlassen wird. Seine Gesundheit konnte er auch nicht damit überlisten, dass er eigentlich erst 15 mal Geburtstag feierte. Klaus-Jürgen Jacob kam am 29. Februar zur Welt…

 

 

 

 

 

 

Der Cottbuser Zoo erwarb sich internationale Anerkennung.
1993 tagte in Cottbus der Verband der Zoodirektoren erstmals in
Ostdeutschland. Mit dabei auch Moskaus Zoodirektor Spizin (li.)
und der Chef des Heidelberger Zoos, Dr. Poley (2.v.r.) mit
Waldemar Kleinschmidt und Klaus-Jürgen Jacob.

Das er deswegen weniger gern feiert, wäre glatt gelogen. Deshalb erinnert er aus seiner Dienstzeit auch am liebsten die schönen Tage, an denen es Anlass gab, sich zu freuen. Zu DDR-Zeiten waren das vor allem die Tage, an denen er damals schon grenzüberschreitend etwas für den Zoo bewegen konnte. Zweimal suchte sich Jacob Anregungen auf Dienstfahrten zum englischen Zoo in Slimbridge, die – gleichsam wie der Cottbuser Zoo – Spezialisten auf dem Gebiet der Wasservogelzucht waren. Danach gefragt, wie es eigentlich zu dieser Cottbuser Spezialausrichtung kam, fällt die Antwort ungewöhnlich aus: “Die Runde der damaligen Zoodirektoren saß in der Kommission für Tiergärten zusammen. Heinrich Date hatte die Idee geboren, jeder müsse sich spezialisieren.

 

 

 

 

 

 

 

Nachwuchs hatten die Zwergotter, liebevoll auch BuGa-Ottis
genannt, in diesem Jahr wieder. Sie entwickelten sich zu
Publikumslieblingen seit 1995

Spontan befragt, fielen mir die vielen Wasserläufe ein, die unseren Tiergarten durchzogen. Seitdem war Cottbus für Wassergeflügel vorgemerkt!” Das war auch für Jacob erst gewöhnungsbedürftig. Seine eigentliche Vorliebe galt den Säugetieren, er verstand sich gut auf Antilopen. “Jedoch hätten wir das Geld für solche Anschaffungen nicht gehabt”, sagt er heute. Als wissenschaftlicher Assistent war er nach dem Studium in Leipzig 1964 in den Cottbuser Zoo gegangen, beim damaligen Direktor Kunz-Rauschert ging er in die praktische Lehre. Etwa 300 Tiere hatte der Zoo in der Anfangszeit nach seiner Gründung 1954. Heute sind es über 1 000. Die Vielfalt wurde größer als 1958 die ersten Großtiere – Kamele und Yaks – an die Spree kamen. Dafür hatten die Schimpansen keine Zukunft in Cottbus. Nachdem das Weibchen des Affenpärchens gestorben war, wurde das Männchen nach Kiew abgegeben. Nicht für alles konnten die Kraft und das Geld reichen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Als Publikumslieblinge immer die Nase vorn: Sundali und Carla gehören zu den Persönlichkeiten des Tierparks, die jedem ein Begriff sind. Noch früher waren es die Löwen Kenia und Simba (re), die in den 60er Jahren überregional populär waren.

Um so größer der Triumph, als 1969 die erste indische Elefantendame Sundali nach Cottbus kam. Ein Jahr später folgte Carla, zum Schluß noch Praja, die heute im Zoo Münster untergebracht ist. Wichtig waren aber schon damals die Beziehungen in andere deutsche Städte. Tiere wurden ausgetauscht mit dem Zoo Berlin, Dortmund, Heidelberg und Köln. So konnte die Afrika-Anlage entstehen. 1995 kamen die Zwergotter – gestiftet von der BuGa-Gesellschaft. Doch auch das Wassergeflügel blieb weiterhin Schwerpunkt an der Spree. “Unsere Schell-Enten hatten einen guten Ruf. In Bestjahren haben wir bis zu 60 Jungenten gehabt”, erinnert sich Jacob.

 

 

 

 

 

 

 

Geflügelte Schönheiten am Wasser waren jahrelang das Aushängeschild des Cottbuser Zoos.

Die Frage welches der Tiere ihm besonders ans Herz gewachsen wäre, beantwortete er diplomatisch: “Das wäre wohl ungerecht, als wenn ein Vater eines seiner Kinder vor den anderen vorzieht.” Gut erinnern kann er sich aber, dass es einmal andersherum fast problematisch wurde. “Wir hatten einst einen Weißhauben-Kakadu als Zollbeschlagnahme bekommen. Sein Käfig stand in meinem Büro. Dort durfte er auch frei herumtollen. Zuletzt war er so auf mich fixiert, dass er jedes mal, wenn ich den Raum verließ ein Geschrei anhob. Mitunter hüpfte er auf meinen Schoß und ich musste ihn wiegen, wie ein Kind.” Das war zu viel des Guten, der Kakadu musste umsiedeln. Solcherlei Geschichten gibt es viele. “Ans Herz wachsen einem immer die Problemkinder”, so Jacob, der dabei nicht nur an Gibbonweibchen Vickys Kaiserschnitt denkt, auch an die vielen Handaufzuchten bei exotischen Vögeln, Huftieren, an die kranken Füße der Elefantendame, für die nicht nur er sich Nächte um die Ohren schlug. Jacob sinniert: “Viel kommt es auch auf die Pfleger an. Mitunter ist die Verantwortung für die Mitarbeiter schwerwiegender als die für die Tiere!” Auch da hat sich Klaus-Jürgen Jacob nicht aus der Verantwortung gestohlen. Seit vielen Jahren ist er Mitglied der Prüfungskommission für Zootierpfleger bei der IHK Leipzig, seit 1990 Vorsitzender. Sein Wissen für die kommenden Generationen weiterzugeben – das will er auch in Zukunft tun. Deswegen ist das Wasservogelthema immer noch auf seinem Schreibtisch. Mehrere Kapitel entstehen für ein Pfleger-Lehrbuch aus seiner Feder.

 

 

 

 

 

 

Tierische Geschichten schreibt das Zoo-Leben. Gibbon-Dame Vicky mußte 1989 mit Kaiserschnitt entbunden werden. “Die Sorgenkinder wachsen einem besonders ans Herz”, so Jacob.

Für die Nachfolge im Cottbuser Zoo hat Jacob einen heimlichen Wunschkandidaten, der unter den 25 Bewerbern für den Posten war. Deswegen sieht er optimistisch in die Zukunft der Anlage. “Wichtig ist, dass das Raubtierhaus fertig wird, so wie es geplant war, damit die Tiere und Pfleger bessere Bedingungen haben. Ich wünschte mir auch, dass die Wasservogelzucht erhalten bleibt. Und vielleicht in naher Zukunft: Ein schönes Haus für die Elefanten!”
Bei Jacobs ist jetzt Zeit für ornithologische Beobachtungen. Nachbars Kater Arnold, der gern zu Gast bei Jacobs ist, sieht ebenso interessiert wie Jacob auf das Vogelhäuschen im Branitzer Garten. Auch für das geplante Aquarium wird er immer mal einen Blick haben, denkt das Ehepaar Jacob. Geblieben ist auch die heimliche Zuneigung zu den Antilopen. “Afrika erleben und dort die Vogelwelt sehen – auch die vielen Antilopenarten – das wäre nochmal ein Traum”, sagt der “Chef der Tiere” und weiß, dass seine Frau Vera diese Sehnsucht teilt. G.G.

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