Alles neu: Heiden, Wälder, Moore
Weißwasser/Nochten (trz). Böse Zungen behaupten ja, dass hinter Weißwasser die Welt zu Ende sei. „Waldmeer, Sandmeer, nichts mehr“ heißt es da. Tatsächlich endet die alte B 156 nur ein paar hundert Meter hinter dem südlichen Ortsausgangsschild. Ebenso der Wald und die Dünenlandschaft. Und dann? Nichts mehr? Keineswegs, denn südlich der Glasmacherstadt wächst seit Jahren eine gänzlich neue Landschaft heran. Denn die Kohlebagger des Tagebaus Nochten sind dort längst abgezogen, sie graben derzeit unweit der Orte Trebendorf und Mühlrose nach dem schwarzen Gold.
Landschaft mit Respekt
Vom Aussichtsturm auf dem Schweren Berg südlich von Weißwasser lässt sich der aktive Tagebau und insbesondere die Bergbaufolgelandschaft bestens überblicken. 5500 Hektar misst die Bergbaufläche insgesamt, 2200 Hektar sind oder werden derzeit rekultiviert. Was dort entsteht, verdient Respekt. Das Bergbauunternehmen LEAG schafft neue Heiden, neue Wälder und selbst neue Moore.
Stichwort Heide: Wo noch vor wenigen Jahren öde Kippe die Landschaft prägte, blüht nunmehr das Heidekraut. Zudem werden die alten Wege wieder hergestellt. Deren Namen lehnen sich an die historischen Vorgänger an, beispielsweise Heikweg oder Pechhüttenweg. In kleinen Mulden sammelt sich Regenwasser. Ideale Bedingungen für Arten, die das Offenland benötigen. Und die neue Heide soll einer Art besonders entgegenkommen. „Wir schaffen Lebensraum für Birkhühner“, sagt LEAG-Revierförster Olaf Hanspach. Diese Vögel sind in der Oberlausitz extrem selten geworden. Grund: Ihre Lebensräume wurden dramatisch eingeschränkt. Jetzt schaffen die Bergleute für die Tiere neue Flächen. Mal sehen, ob sich in den kommenden Jahren die Tiere bei Weißwasser wieder ansiedeln.
Stichwort Wald: Mittels aus der Lausitz stammenden Saatgutes gedeihen auf der Kippe prächtige Tieflandsfichten. Diese Bäume sind an die dort herrschenden stand-örtlichen und klimatischen Bedingungen bestens angepasst. Unter dem Schirm von Roterlen wachsen die Gehölze an. Darüber hinaus entstehen neue Mischwälder, die meist aus vier bis sechs Baumarten bestehen. Sorgen bereitet den Förstern allerdings das Wild. Kein Wunder, dass die Jungbestände eingezäunt werden müssen.
Vom Moor ins Moor
Stichwort Moor: Vor dem Tagebau erstreckten sich südlich von Weißwasser die Großen Jeseritzen, ein rund 4000 Jahre altes Moor. Jetzt entstehen die Neuen Jeseritzen. Rund 5000 Kubikmeter Torf haben die Bergleute auf einer Fläche von einem Hek-tar eingebracht. Das Material wurde vor der Abbaggerung aus dem originalen Moor gewonnen. Inzwischen zählt der Nachfolger auch schon wieder zehn Jahre. Typische Pflanzen haben sich eingestellt, beispielsweise Wollgras, Sonnentau und Moosbeere. Das „Moor aus Menschenhand“ scheint also zu funktionieren. Und das Pflanzmaterial stammt ebenfalls aus den einstigen Jeseritzen. Darüber hinaus wird die Flutung des künftigen Hermannsdorfer Sees vorbereitet. 250 Hektar soll dessen Wasserfläche betragen. Das Gewässer bleibt weitestgehend dem Naturschutz vorbehalten. Ein Badestrand ist nicht vorgesehen.
Zudem haben die Bergbausanierer in unmittelbarer Nähe des Nochtener Findlingsparks eine Düne aufgeschüttet. Deren künstliche Herkunft ist kaum noch erkennbar. Denn der Wald auf dem Höhenzug wächst wunderbar, wie Franziska Uhlig-May, Rekultivierungschefin bei LEAG, resümiert. Mehr noch: Die Düne schützt die Nochtener vor dem nahen Kohlelagerplatz des Kraftwerkes Boxberg. Und sie bietet einen fantastischen Ausblick auf den Findlingspark. Zu erreichen ist der Miniberg am besten über den nahe gelegenen Wanderparkplatz.
Von wegen, dass hinter Weißwasser die Welt zu Ende sei. Ganz im Gegenteil: Dort fängt eine neue Welt an, die eigentlich noch reizvoller ist als ihre verschwundene Vorgängerin.