Die Lausitz steht voller Maibäume, meist spindeldürr und himmelhoch, stumme Zeugen üppiger Walpurgis-Trinkgelage in der Nacht zum 1. Mai. Am Kampftag der Werktätigen blieb es dann hierzulande eher still. Die Gewerkschaft, die sich neuerdings geradezu militant „Schutzmacht der Beschäftigten“ nennt, hatte ihre Anhängerschaft in Cottbus bei freiem Eintritt zu einem Tierpark-Familienfest eingeladen. Besser so dem „Affen Zucker geben“, als ewig gestrig randalierend wie in Berlin.
Sie tun sich allenthalben schwer mit den Mailosungen, die Freunde der Roten Nelke. Zu Demonstrationen sollen bundesweit nur noch 330 000 Leute unterwegs gewesen sein. Auch da herrscht also Fachkräftemangel. Die Forderungen an die Arbeitgeber lauten: Mehr Geld, mehr Freizeit, mehr Demokratie. Mehr Nachdenken wäre auch ganz nützlich. Nie zuvor, so haben DKB-Analysten herausgefunden, mussten Beschäftigte so viel keulen, wie heutzutage. Weil immer weniger Menschen zur Arbeit gehen mögen, müssen die in Beschäftigung ausharrenden schuften und schuften, leisten Mehrstunden, arbeiten noch mit 70 oder länger, um die Karre nicht im Dreck stecken zu lassen.
Und es läuft trotzdem schlecht. Wer einen Maiausflug unternommen hat, konnte das etwa in der Gastronomie spüren, wo es an Service hapert oder gute Häuser gar geschlossen bleiben. Die gescholtenen Unternehmer können nicht mehr Geld, mehr Freizeit und mehr Mitsprache ermöglichen. Wenn sie einen Koch brauchen, will der nur gegen cash arbeiten. Die Gewerbeaufsicht drückt jedoch kein Auge zu. Gewerkschaftsbosse und Bundespolitiker kennen diese Brisanz nicht. Sie essen bei Berliner Sterneköchen und zahlen üppig mit ihren unverdienten Scheinen. Die Läden rund um die bundespolitischen Büros laufen und niemand ahnt in dieser fernen anderen Welt den Jammer unter den dürren Maibirken im flachen Land. Es bleibt auch unter der „Schutzmacht“ in diesem Mai nicht alles für alle gleich. Hier in der Niederlausitz schon sowieso nicht. J.H.