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Konzept ohne Notwendigkeit / Handwerkskammer und IHK sehen die Ansätze kritisch / Betroffene sind kaum befragt worden / Poller-Nachteile im nationalen Einzelhandels-Wettbewerb mit Amazon
Cottbus (hnr) Das sogenannte Mobilitätskonzept für die Innenstadt ist in eine neue Phase getreten. Die Abgeordneten haben jetzt Einblick in die Stellungnahmen – von den Kammern über Gerichte bis zur Kirche – erhalten und sind zum Teil verwundert. Wirklich Betroffene, also Unternehmen in der City, sind in das Projekt kaum einbezogen worden. Unter Beobachtern ist die Rede ist von einer „Gefälligkeitsvergabe“ für ein Vorhaben, das diese Stadt ganz gewiss nicht braucht. Bürgermeisterin Marietta Tzschoppe teilt aber unbeirrt mit: Die Stellungnahmen werden jetzt vom Büro Hoffmann-Leichter GmbH Berlin und im Fachbereich Stadtentwicklung geprüft bzw. eingearbeitet, dann gehe das Konzept nochmals in die Öffentlichkeit, ehe es den politischen Gremien vorgelegt wird. Es hat dann viel Geld gekostet, Geld das eingesetzt wird, um letztlich Sperrungen und Poller um die Innenstadt zu errichten und den Tod des Einzelhandels zu beschleunigen. Andere Kommunen stärken ihren Markt im Wettbewerb mit dem Internet-Einkauf und Amazon-Warenzustellung.
Die Akte enthält jetzt 57 anonymisierte Stellungnahmen von Einwohnern, die teils persönliche Kietz-Details (Wie komme ich mit Rad oder Kinderwagen um diese oder jene Ecke) enthalten, teils weitreichende Ideen beschreiben, die großenteils zu dem Schluss kommen, dass ein Mobilitätskonzept allein für die engere Innenstadt zwecklos ist.
Klartext schreibt Jens Krause von der IHK: Die städtischen Mobilitäts-Begehren hätten die Unternehmerschaft kaum erreicht, schreibt er. Eine Online-Befragung hätte 12 Unternehmer und 514 Bürger vermeldet. Es gibt in der betroffenen City etwa 1000 IHK-Unternehmen. Die Bürgerdialog-Veranstaltung im April ‘19 habe fünf (!) Unternehmen erreicht. Hingegen habe die IHK in einer Blitzumfrage 1 500 Unternehmen qualifiziert angeschrieben, 740 haben ihre Positionen dargelegt. Demnach äußerten sich 81 Prozent gegen 30 km/h-Zonen. Stattdessen werden Straßenreparaturen gefordert, Grüne Wellen, eine Ortsumgehung, die den Namen verdient, und die Stärkung des Öffentlichen Nahverkehrs.
Unschwer lässt sich aus der repräsentativen Umfrage Zweifel am Sinn einer City-Mobilitäts-Kampagne ablesen, auch wenn es dafür womöglich Fördergelder gibt. Solcherart Mittelverschwendung werde die Bundespolitik nicht zur Entschuldung von Kommunen ermutigen.
Knut Deutscher, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südbrandenburg, äußert Bedenken in ähnlicher Richtung. Es liege im Wesen des Handwerks, dass Leistungen beim und für den Kunden nur mit eigenem Fuhrpark zu meistern sind. Das ist oft beschwerlich genug. Statt Blockaden sollte darüber nachgedacht werden, den Handwerkern für ihre Geschäftsfahrzeuge Pässe zum kostenfreien Parken im gesamten Stadtgebiet auszustellen.
Interessant ist, dass sich das Amtsgericht sehr wohl, die Kirche hingegen in keiner Weise um die mobilen Möglichkeiten ihres Klientels sorgt. Jedenfalls geht das aus den abgelieferten Stellungnahmen hervor.
Die Kammer und andere heben hervor, dass Interessen der Bewohner des Umlandes, die die City braucht, vernachlässigt sind.