Gamarjob – Guten Tag! Es ist Sonntag, und obwohl wir uns dem Trubel Tbilisis entzogen haben und im dünn besiedelten Süden eine seelenweitende Steppenlandschaft, hüglig und fast baumlos, durchqueren, begegnen uns immer wieder Ausflügler. Ein kleines Dorf rüstet gerade zu traditionellen Reiterspielen, an den Hängen weiden Ziegenherden, manchmal auch ein paar Schafe, und schließlich sehen wir in der Ferne einige parkende Autos. Das Kloster, nach dem wir suchen, ist noch nicht zu erkennen. Es schmiegt sich, auch ganz nahe kaum wahrnehmbar, in den Felshang. Die frühesten Wohnungen der Mönche sind in die Felsen hineingehauen, die Kirche selbst befindet sich tief im Berg. Der heilige Davit, einer jener 13 syrischen Missionare, die das Christentum so weit nach Osten brachten, soll das Kloster im frühen 6. Jahrhundert gegründet haben. Es hatte sich mancher Invasionen zu erwehren, unter anderem der Mongolen und Perser, und auch heute herrscht kritische Stimmung. Den sonntäglichen Frieden stören demonstrativ oben auf dem Bergkamm martialisch ausgestattete Soldaten aus Aserbaidschan.
Die Grenze, heißt es, liegt erst jenseits vom Kamm, aber die Nachbarn sehen das anders, und so bleibt uns und den heimischen Ausflüglern der Zugang zu den Höhlen da droben mit ihren über 1000 Jahre alten spektakulären Fresken verwehrt. Sie gehören zu den kostbarsten Schätzen östlicher Sakralkunst,
Das Höhlenkloster ist der östlichste Vorposten des historischen Christentums und noch heute leben hier, sogar in zunehmender Zahl, Mönche in ähnlich karger Weise wie ihre Vorbilder. Der Legendäre Davit, dessen Grabmal noch gezeigt wird, unterrichtete hier einige Schüler. Zwei von ihnen gründeten neue Klöster, und später wurde Davit Gareja, wie es auf Georgisch heißt, zum wichtigsten kulturellen Zentrum Ostgeorgiens. Die größte Katastrophe erlebte das Kloster Ostern 1616. Schah Abbas mit seinem türkischen Heer hielt die Fackelprozession tausender Mönche von weitem für einen militärischen Aufzug und schlug alles kurz und klein. 3000 Menschen sollen in einer Nacht niedergemetzelt worden sein.
Bis zum Ende der Sowjetunion war hier in den abgeschiedenen Hügeln Sperrgebiet und Truppenübungsplatz für spätere Afghanistaneinsätze. Ab Mitte der 1990er Jahre wurden die heiligen Höhlen wieder Wallfahrtsorte, aber auch nun waren Bürgerproteste nötig, um hier georgische Kriegsspiele zu verhindern. Die Väter, die heute mit ihren Kindern den weiten Weg auf sich genommen haben, zeigen dem Nachwuchs die Höhlen aus der Zeit Davits. Sie wirken mit ihren gewölbten Decken wie kleine Kirchen, sind aber spartanisch ausgestattet.
Üppig geht es auch in dem kleinen Dorf Udabno nicht zu, das tatsächlich in „unwirtlichem Land“ liegt, was der Georgische Name übersetzt auch ausdrückt. Bergbewohner wurden hier nicht ganz freiwillig angesiedelt. Viele zogen wieder weg und hinterließen halbfertige Häuser.
Wir finden eine slawinische Familie, die sich – ganz typisch für Georgien – riesig freut, die Kunst der Hausfrau zu zeigen und den Tisch reich zu decken. Es gibt fein gewürzte Gemüsesorten, gefüllte Teigtaschen, Fleischbällchen und natürlich auch einen Likör, nach Rezept des Hausherrn. Ein Chacha vermutlich. Der ist schon wegen der Trinksprüche nötig: zum Lob für die Hausfrau, auf die Gesundheit, die willkommenen Gäste und immer wieder auf den Frieden. Frieden vor allem. Dann heißt es Madloba – Danke und Nachvamdis – Auf Wiedersehen!
Wir besuchen am Wege das Terrassenstädtchen Sighnaghi, das von einer „chinesischen“ Mauer mit 28 Türmen umgeben ist. Hier soll sich gar der Zar mit seiner Familie im Sommer erholt haben. Die Gassen sind im klassischen italienischen Stil angelegt, und am Brunnen im Park singt ein alter Mann Romantisches zur Gitarre. Es ist Sonntag. Schläfrig wartet das geschmückte Sighnaghi auf Touristen.
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