Die Meerrettich-Ernte ist jetzt in vollem Gange / Gemüsebauern der Region leiden mit Corona, vor allem aber unter Anordnungen und Verboten / Die „Spreewaldgurke“ wächst inzwischen in Indien.
Region (j.h.) Meerrettich! Der Gaumen brennt, die Augen tränen. Spreewaldwirt Peter Franke vermengt das feurige Element in seinem Werbener Unkrautladen mit Honig oder Rote Beete und nennt es „Penicillin des Spreewaldes.“
Früher steckte jede Kleinwirtschaft Meerrettich. Waren Kartoffeln, Kohl und Möhren in den Mieten, wurden im ersten Frost die Wurzeln gestochen, gesäubert, gebündelt und verkauft. Der Erlös war das Weihnachtsgeld für die Rucksackbauern.
Diese Rechnung geht in Klein Radden nicht auf. Auf immerhin 15 Hektar erntet der Gemüsebetrieb Mich jetzt die scharfen Wurzeln. Froh ist Seniorchef Reinhard Mich (72) diesen Herbst aber nicht. „In die Steckzeit fiel Corona. Im trocknen März rieselten die Rinnen zu.“ Die Stecklinge kamen zu flach in die Erde. „Und das ist jetzt das Ergebnis“, zeigt der Experte: Viel Köpfe, sperrige B- und C-Ware, Nur selten stramme Wurzeln, die gefragte A-Ware.
Reinhard Mich ist spreewaldbekannter Gemüse-Enthusiast, gehört dem Vorstand der Bundesfachgruppe Gemüsebau an. Den 150 Hektar großen Betrieb hat er Sohn Marcel übergeben, aber natürlich arbeitet er voll mit. Er hat Verständnis, dass der Junior einen Mähdrescher angeschafft hat und auf Roggen und Gerste setzt.
Spreewaldgemüse? „Wir haben 15 Hektar Einleger und 45 Hektar Schälgurken angebaut. Seit den Mindestlöhnen nimmt uns die niemand mehr ab. Zu teuer. Und ohne Pflanzenschutz geht selbst Kohl nicht mehr.“ Die Gurken kommen schon seit Jahren aus Indien in unsere Gläser. Reinhard Mich war zu Studien auf Feldern in Asien und Amerika und musste einsehen: Deutsches Gemüse wird viel zu teuer erzeugt. „Ein Paar Gurken werden wir wohl noch für die Eigenvermarktung vom Hof haben“, sagt Reinhard Mich. Dazu dann Spargel, Erdbeeren und Süßkirschen. Die Hauptkultur aber wird Getreide.
An Meerrettich will Reinhard Mich wenigstens festhalten, auch wenn er dafür im Dorf längst keine Arbeitskräfte mehr findet. Die kleinen Gläschen mit dem scharf Geriebenen wird es weiterhin geben, von Wurzeln aus dem Spreewald oder aus anderen Weltgegenden. Feinschmecker können ak- tuell ihr Glück auf Bauernmärkten versuchen und Stangen zum Selbstreiben erwerben. Ein Podcast schildert die Lage im Format „Der Spreewald erzählt“ auf www.youtoube.com
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