Vom ewigen Werden und Vergehen

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Die Friedhöfe der Region, wie hier der Cottbuser Nordfriedhof, sind am Totensonntag für viele Angehörige der Ort, den Verstorbenen mit einem Besuch zu gedenken Foto: Mathias Klinkmüller

Warum es gerade im November die Menschen an die Gräber zieht / Das Kirchenjahr geht zu Ende.

Region (trz). Es will Abend werden im Jahr 2017. Elf von zwölf Monaten sind fast verstrichen, die bunten Farben des Frühlings und des Sommers sind dem tristen Grau des Spätherbstes gewichen. Die Feldarbeiten ruhen bereits, das Vieh befindet sich in den Winterställen. Die Zugvögel haben die Lausitz längst verlassen, viele Tiere sind schon in Winterschlaf und Winterruhe. Es ist merklich stillergeworden in Wald und Feld.

 

Zu den Gräbern

 

Eine gewisse Melancholie hat sich über das Lausitzer Land gelegt. Die Gedanken schweifen zu denen, die einst waren, was wir heute sind. Und wir werden, was sie heute sind. So steht es über mehreren Eingängen hiesiger Friedhöfe. Im November zieht es die Menschen fast von selbst zu den Gräbern. Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Buß- und Bettag und nun der Totensonntag:
Der Spätherbst ist die Zeit des Trauerns und Gedenkens. Zu keiner anderen Zeit, Ostern ausgenommen, wird im Jahreskreis die Erinnerung an das Gewesene so lebendig. Je älter die Menschen werden, desto schneller scheinen die verbleibenden Lebensjahre dahinzufliegen. Der Gedanke an das eigene Ende rückt immer mehr ins eigene Leben. Gerade der November führt den Leuten das Werden und Vergehen so intensiv vor Augen. Während sich zu Monatsbeginn viele Bäume noch im herbstlich-bunten Blätterkleid präsentieren, fällt das Laub nur Tage später zu Boden. Nackt sind die Gehölze jetzt. Nebel wallen, kalter Nieselregen hüllt das Land ein. Ende November wintert es bisweilen schon ein. Mancher sieht in der Schneedecke eine Art von „Leichentuch“.
Doch unter dem schützenden Baldachin keimt bereits neues Leben. Das ist die Hoffnung und das Versprechen des Spätherbstes: Es wird wieder Frühling werden. Wenn auch nicht morgen, aber irgendwann überwindet das Leben den Tod. Genau das ist die Osterbotschaft im Kirchenjahr.

 

In Frieden ruhen

 

Am Totensonntag, auch als Ewigkeitssonntag bezeichnet, endet nun das Kirchenjahr 2016/2017. Wir besuchen die Friedhöfe, die genauso zum Leben gehören wie Kreißsäle und Kirchen. Wir bedenken unsere heimgerufenen Angehörigen mit Kränzen und Blumen. Wir wünschen ihnen, weiter in Frieden ruhen zu dürfen. Und wir wissen, was nun bevorsteht. Nämlich der Advent, die Zeit der Ankunft. Die Vorfreude auf die Geburt des Herrn, der biblische Hintergrund, weswegen wir Weihnachten feiern.
Und übrigens: Wenn wir am morgigen Totensonntag unsere Vorfahren besuchen, ist eines gewiss: Solange wir diese in unserer Erinnerung behalten, sind sie nicht wirklich tot.