Wie immer war auch Fürst Pückler anwesend.
Cottbus (h.) Bereits zum zehnten Male gab es auf Einladung des Verleger-Ehepaares Petra und Jürgen Heinrich am 28. August eine Goethe-Geburtstagstafel im schattigen Stadtgarten am Verlagshaus des Märkischen Boten. Die Anzahl der Plätze an dieser schlichten, ganz im Goetheschen Sinne gedeckten Tafel war leider begrenzt, die Nachfrage deutlich größer als die mögliche Zahl der Gedecke. Das Interesse für den Dichter ist also, auch nach den schönen Erlebnissen in den bisherigen Runden, riesig. Im Gegensatz zum nahen Eisenhüttenstadt oder etwa zu Dresden, Leipzig und Berlin gab es in Cottbus nie eine Ortsgruppe der Goethegesellschaft. Die Gastgeber gehören deshalb seit 1985 der Internationalen Goethegesellschaft in Weimar an, die gut 2500 Mitglieder weltweit hat. Hier ist auch Berthold Deckert eingetragen, der einst Lehrer und Schuldirektor in Dahme war, aber nun seit Jahrzehnten in Cottbus lebt. Bereits 60 Jahre (!) pflegt er die Klassiker-Freundschaft, was ihm herzlichen Beifall der Geburtstagsgäste einbrachte.
Gute Goethe-Kenner lebten aber durchaus auch „im Verborgenen“ in Cottbus. Aus solchem Bestand überließ Günter Fischer aus dem Meldeweg dem Gastgeber Goethejahrbücher von 1941 bis 1957 (die Reihe erscheint lückenlos seit 1880 in Weimar). Mit der Ausgabe von 1957 kam auch diesmal Fürst Pückler-Muskau an den Tisch. Viele Leser wissen, dass Goethes letzte Worte (er entschlief 1832 ganz sanft) „Mehr Licht!“ gelautet haben sollen. Der Weimarer Staatskanzler Friedrich von Müller, so steht im 1957er Jahrbuch zu lesen, hat dem Autor der „Briefe eines Verstorbenen“ (eine Erstausgabe lag auf der Geburtstagstafel, aber auch damals in Goethes Sterbezimmer auf dem Nachttisch!) genau die Worte mitgeteilt, die Goethe seinem Diener im Nachbarzimmer zurief, ehe er zu atmen aufhörte. Er schrieb sie dem Fürsten nach Muskau auf Englisch. Noch Anfang 1832 hatte Goethe dem „Verstorbenen“ persönlich für die mit entsprechenden Komplimenten nach Weimar geschickten Bände seiner „Briefe“ gedankt. Dieser Text ist in den acht Bänden der Pückler-Briefe zu finden, nicht aber Kanzler Müllers Zeilen vom April 1832 an den Fürsten.
Wie stets, lasen Gäste der Geburtstagsrunde Verse und genossen Blechkuchen, vorzüglich in Ströbitz gebacken von Sophie Urban. Kuchen, Wein und Kaffee wurden gespendet, so dass die Gastgeber den „Unkostenbeitrag der Tafel“ an die Goethegesellschaft in Weimar zur Unterstützung junger Wissenschaftler und Studenten schicken können. Die Empfänger studieren in Weimar und pflegen Germanistik in Osteuropa.
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