Traumhaft schön liegt diese grüne Insel im blauen Meer, gesäumt von goldgelben Stränden. Aber auch hier recken sich zunächst Bastionen dem Wasser entgegen. Kriegerische Flotten verdüsterten den Horizont, und es war einer, der Ahnen in unserer Lausitzer Gegend hat, der sich ihnen entgegenstellte: Matthias von der Schulenburg (1661-1747), Sohn eines Kurbrandenburgischen Kammerpräsidenten, wurde venezianischer Feldmarschall und verteidigte Korfu 1716 gegen die Türken . Sein Marmor-Denkmal steht an der Bastion.
Doch weder die Schönheit der Insel noch das Heldentum des Brandenburgers sind die stärksten Touristenmagneten des ionischen Eilands. Das ist vielmehr Sissi, die österreichische Kaiserin Elisabeth, die sich hier eine Villa bauen ließ und diesen Sommerpalast „Achilleion“ nannte, nach dem homerischen Helden Achilles, dessen Schönheit und Stärke sie bewunderte. Sie vergötterte nicht nur ihn, sondern alle griechische Kultur. So entstand nach Entwürfen eines italienischen Architekten auf riesigem Grundstück zwischen Hügel und Meer 1889 bis 1891 dieser Sommerpalast, in dem sie viel Zeit verbrachte. Ab 1892 wohnte sie, schon in malancholischer Phase, in den vielen Zimmern und genoss, was ihr vom Leben blieb, bis sie 1898 in Genf ein italienischer Irrer ermordete. Sissis Tochter Maria Valeria erbte das Haus, hat jedoch nie dort gewohnt. Sie verkaufte das Andenken an ihre weltweit verehrte Mutter 1907 an den deutschen Kaiser Wilhelm II.
Offen gesagt: Weder Sissis noch des letzten deutschen Kaisers Nachruhm wird das Anwesen heute gerecht. Es befindet sich am Gemäuer wie im Garten in kläglichem Zustand, überall bröckelt Putz, die Stufen sind halsbrecherisch schief, die Beete ungepflegt, die Innenräume geben nichts her. Man zieht klingende Münze aus dem Objekt, in dem sich einige Zeit später alles ausschließlich ums Geld drehte. Nach Phasen als Lazarett in den Kriegen und Technikum im Nachkrieg eröffnete eine deutsche Firma 1962 hier ein Casino, das die Griechen ab 1983 selbst in die Hand nahmen. Für höchste Diplomatie wurde die Villa 1994 hergerichtet. Der EU-Gipfel tagte hier, und 2003 kamen die europäischen Landwirtschaftsminister herauf. Die obere Terrasse scheint sehr geeignet für abgeschirmte Gespräche, und sicher haben die hohen Herrschaften die einzigartige Aussicht vom Ende des Gartens genossen, die aufs weite, sanfte Meer reicht.
Korfu ist nicht gleich Griechenland, weil hier, dem Tourismus sei Dank, deutlich höherer Wohlstand herrscht. Aber es gibt auch hier die kleinen, verträumten Dörfer, von denen man hinabsteigt in Felsbuchten zu glitzernden Stränden. Einige sind chicky-micky-mäßig hochgerüstet und die Champagner-Schalen kreisen schon am frühen Nachmittag. Aber irgendwie suggeriert das Ambiente, dies sei heute und hier und jetzt vollkommen normal. Gönn’ dir was, gestresster Reisender im Vorgarten des Paradieses.
Korfu-Stadt, wo wir schon dem Schulenburg begegnet sind, ist eine verwinkelte, malerische Hafenstadt und trägt das UNESCO-Gütesiegel. Vor den Cafés sind nur wenige Stühle besetzt, aber durch die Gassen streichen noch immer (trotz Corona) reichlich Touristen und inspizieren, von lauten Mauerseglern umschwirrt, die Boutiquen, erhaschen Fotomotive in den schmalen Seitengassen. Die verschiedenen Baustile vermischen sich hier zu einer bunt-steinernen Symphonie des Südens. Hoch hinauf ragt der schlanke Turm der Agios Spyridon, der Hauptkirche der Stadt. An die große venezianische Zeit erinnert das Rathaus aus dem Jahre 1663. Es wurde, wie in seinem Herkunftsland üblich, als offene Versammlungshalle erbaut, war zwischendurch mal Theater und ist jetzt endlich Rathaus. Wir sollten hinaufsteigen über die Dächer und Korfu und das Meer einatmen. Die grüne Insel.
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