Sonne im Überfluss, gute kalkreiche Böden und reichlich Wasser – Georgien ist eines der wasserreichsten Länder der Welt – ließen südlich der Hänge des Hohen Kaukasus schon in früher Geschichte die Reben reifen. Die Töpferei wurde rechtzeitig erfunden und so schwören die Forscher, dass im heutigen Georgien schon 8 000 Jahre vor Christus guter Wein in die Krüge gefüllt, und sicher mit großer Lust getrunken wurde.
Wer nach Georgien reist, hat wahrscheinlich nicht zuerst den Wein im Sinn, aber schnell kommt er nicht mehr davon los. Auf Schritt und Tritt trifft der Besucher der Hauptstadt Tbilisi schlichte oder auch feinere Vinotheken, fast alle Süßwarengeschäfte oder sogar Boutiquen haben Weine im Beisortiment.
Chardonnay oder Grauburgunder finden wir hier nicht, stattdessen Saperavi, Khikhvi, Rkatsiteli, Kisi, Chinuri oder Chkhaveri. Schon weil es in der georgischen Sprache nicht wenige Worte gibt, bei denen vorm ersten Selbstlaut bis zu sieben (!) Konsonanten (Mitlaute) stehen, sprechen sich manche Weine schwer aus. Leicht über den Gaumen gehen aber alle. Die weißen sind meist trocken und bekömmlich, aber ungewohnt im Geschmack, die roten erfreuen in dunkler Farbe, sind kraftvoll und von guter Statur. Ihnen merkt man den langen Hintergrund an.
Hergestellt werden die Weine heute auf technologisch höchstem Niveau wie in Europa, Australien oder Südafrika. Immerhin erntete und verarbeitete das Land in ausklingenden Sowjetzeiten pro Jahr 800 000 Tonnen Trauben. Russisches Einfuhrverbot für georgischen Wein traf das Land daher hart.
Wir schauten uns östlich von Tbilisi an der Kachetinischen Weinstraße um, fanden malerische Klöster und Burgen und natürlich viele Weingüter, denen schon von Weitem ausländisches Investment anzusehen ist, auch schicke einheimische Betriebe, viele Dörfer aber auch, in denen lange niemand einen Zaun geradegerückt oder Farbe und Pinsel zur Hand genommen hat. Das Land und sein Wein sind noch nicht aus der Krise.
Aber es gibt, wo starke Familienverbände leben, den Aufbruch. Zaza Kbilashvili ist Winzer und zugleich in langer Familientradition Töpfer. Er baut die riesigen Amphoren, in denen seit jeher georgischer Wein ausgebaut wird. Im christlichen Land verortet er den Wein materiell und spirituell: Wer Wein trinkt, ist mit Christus und damit heilig, wie es in der Bibel steht. Sie tut ihm mental und materiell gut, diese Sichtweise. Er bewirtet uns großzügig und erklärt die mühsame Arbeit des Schicht um Schicht Aufbauens und später Brennens der dickbauchigen, unten spitzen Amphoren. Qvevris heißen die. Wenn die Trauben mit nackten Füßen zerstampft sind, kommt der Ansatz in diese Qvevris, die im Weingut in die Erde eingegraben und oben fest verschlossen sind. Erst wenn der Wein nach Monaten gereift ist, wird wieder geöffnet. An dieser archaischen Technologie hat sich offenbar über 10 000 Jahre nichts geändert. Und so zeigen uns viele Beispiele frühester Bildkunst in Museen, dass Trauben und Krüge und trinkende Gesellschaften immer schon ein beliebtes Sujet waren. Die heilige Nino, wir erwähnten es, die im 4. Jahrhundert den christlichen Glauben in dieses Land brachte, hat ein Kreuz aus Rebenästen mit ihrem Haar, Sinnbild der für Wein so wichtigen Sonnenstrahlen, gebunden.
Uns zieht es zurück nach Tblisi zur alten Heerstraße.
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