Cottbus: Ein Schornstein für zwei Bäckereien

Speichergegend in Bahnhofsnähe könnte künftig als Wohnquartier dienen.

Nähe des Cottbuser Hauptbahnhofs
Wie sind in der Nähe des Cottbuser Hauptbahnhofs

Mit einer heutigen Ansicht erfragten wir vergangene Woche das Damals. Und wir erhielten ausführliche Antworten. „Vielen Dank für das Bild“, schreibt Ramiro Lehmann aus Cottbus-Sielow. „Da war der Ort meiner Kindheit, die sogenannte Russenbäckerei, wo wir uns das Russenbrot erbettelt haben, eine schöne Kindheit… Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass die Bäckerei Teil des ehemaligen Heeresverpflegungsamtes Cottbus war. Erbaut wurde sie mit zwei dazugehörigen Speichern zwischen 1936 und 1941. Sie sollte, wie der Name schon sagt, die Versorgung der Wehrmacht sichern helfen. Die Bäckerei wurde militärstrategisch erbaut; sie bestand nämlich aus zwei eigenständig agierenden Bäckereien, die nur eine Gemeinsamkeit hatten: den Schornstein. Nach dem Krieg wurde dies genutzt. Ein Teil wurde Russenbäckerei, der andere (linke) wurde deutsche Bäckerei, aus der später die Großbäckerei hervorging. Als das VEB Backwarenkombinat gegründet wurde, produzierte diese Bäckerei als Werk I Spezialbrote, während die Normalbrote in der Paul-Greifzu-Straße produziert wurden. Die Russenbäckerei war bis zum Abzug der sowjetischen Streitkräfte aktiv. Später privatisiert, wurden viele historische Zeugnisse verschrottet, und die wechselnden Eigentümer taten dem Gebäude nicht gut. So ist die ehemalige Bäckerei dem Verfall preisgegeben. Auch die Nebenbauten (ebenfalls mit reichlichen Kindheitserinnerungen verbunden) sind erwähnenswert, würden aber hier den Rahmen sprengen. Ich habe noch ein Bildchen ohne Sandhaufen, wo man das Gebäude noch besser erkennen kann.“

Getreidespeicher
Wie alle größeren deutschen Städte hatte auch Cottbus Gebäude, die als Getreidespeicher dienten. Sie sind noch gut erhalten. Hinter ihnen ist der Neubau der ICE-Montagehallen zu erkennen.

Reinhard Borrmann aus der Turower Straße in Cottbus hat ein ganz anderes Bild: „In diesen Gebäuden befand sich die Eiersortierung, wo meine Frau 1970 in den Sommerferien für zwei Wochen jobbte. Der Stundenlohn war 2,80 Mark. Außerdem war noch eine Bäckerei der sowjetischen Streitkräfte in der DDR darin. Diese Gebäude standen an der Bahnlinie nach Senftenberg, Dresden.“
Wolfgang Grollmisch aus der Elisabeth Wolf-Straße in Cottbus war bis 1976 Rangierer. Er, schreibt „Das Gebäude steht in Cottbus an der Sachsendorfer Straße. Es war einmal die Bäckerei für die Rote Armee. Das Mehl kam per Wagon über den Gleisanschluss.“

Reinhard Semt mailt: „Am Südwestrand des Bahnhofsgeländes stehen in Ost-West-Ausrichtung zwei Speichergebäude (Vorkriegsbauten) von Wohnblockgröße. In ihnen wurde Getreide als Sackware gelagert. Dem westlichen Speicher ist das gesuchte Gebäude, eine ehemalige Großbäckerei, südlich vorgelagert. Beide Gebäude sind mit einem massiven, überdachten Transportweg miteinander verbunden. Ich habe mir das seinerzeit stark vermüllte Gelände nach Abzug der GSSD als Letzt(Teil?)nutzer in den Nullerjahren wegen der Architektur mal etwas näher angesehen.“

Aus Spremberg schreibt Manfred Gnida: „Wir sind im Bereich des Hauptbahnhofs Cottbus. Geplant ist jetzt, diese Gegend als ‘Speicherquartier’ zu gestalten. Die zwei ehemaligen sechsgeschossigen Speicher in der Vetschauer Straße sind die Namensgeber dafür. Diese Speicher, in der NS-Zeit bis 1941 vom Heeresverpflegungsamt errichtet, dienten zur Lebensmittelversorgung des Heeres. Nach 1945 wurde der Bau als ‘Cottbuser Nährmittelwerk’ für die Bevölkerungsversorgung genutzt. Seit 1990 sind die Speicher nicht mehr in Nutzung. Das Rätselbild zeigt ein Nebengebäude der Speicher, wobei im Hintergrund rechts noch ein Dachteil mit zwei Gauben vom Speicher zu sehen ist. Das ca. 90 Jahre alte sichtbare Nebengebäude war einst eine Großbäckerei und war auch Lieferant für die damals in der Stadt befindliche Garnison der Russen. Nun ist es eine Ruine und reif zum Abriss. Aber ich hörte, die Speichergebäude sind denkmalgeschützte Bauten.“

Bäckereigebäude
Unser Sielower Leser Ramiro Lehmann hat das Bäckereigebäude in der Nähe des Cottbuser Hauptbahnhofs fotografiert, als es noch nicht teilweise von einem Erdwall verdeckt war.

Irina Lehmann aus der Räschener Straße in Cottbus findet: „Diesmal ist die Lösung nicht so schwer. Das Foto ist nahezu tagaktuell und zeigt die ehemalige Brotfabrik. Die Bäckerei versorgte die sowjetischen Magazine und die im Stadtgebiet verteilten Standorte der Sowjetarmee. Zwischen den Eigentümern der beiden Speicherhäuser im Hintergrund gibt es schon einige Zeit einen medienwirksamen Streit. Ich bin gespannt, was hier in Zukunft (hoffentlich!) entstehen wird.“

„Danke für die Infos über den ‘Feurigen Elias’ aus Spremberg. Das wusste ich noch nicht, durch Euch kann man immer etwas dazulernen“, stellt Eberhard Witzke aus der Calauer Straße in Cottbus seine seinem Kommentar zum neuen Rätselbild voraus. Er fährt fort: „Wir sehen die Gebäude der ehemaligen Brotfabrik. Hier wurde das Brot für die russischen Streitkräfte in Cottbus nach 1945 bis ca. zur Wende gebacken. Heute versuchen Vereine das Gelände wieder aufzuwerten.“

Auch Katrin Lehmann aus der Rostocker Straße in Cottbus kennt die Gegend: „Wir befinden uns an der Vetschauer Straße westlich des Cottbuser Bahnhofsgebäudes. Im Hintergrund (nur das Dach ist sichtbar) stehen zwei riesige sechsgeschossige Kornspeicher, Baujahr 1941, direkt an den Bahngleisen und sollten einst die Versorgung des Deutschen Heeres sicherstellen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gehörten sie bis ins Jahr 1990 zum VEB Nährmittelwerk Cottbus. Seither liegt das Areal brach. Bei dem Bild müsste es sich um die einstige Bäckerei des Nährmittelwerkes Cottbus handeln.“

Heinz J. Frankenberg aus der Cottbuser Rosa-Luxemburg-Straße erklärt: „Hier befinden wir uns in Cottbus am Ende der Vetschauer Straße. Vermutlich durch Bauarbeiten ist die Sicht auf die ehemalige Brotfabrik frei geworden. Hinten rechts erkennt man das Dach von einem der Speicherbauten. Zu Zeiten, als die russischen ‘Freunde’ ihr Versorgungsdepot in der Finsterwalder Straße betrieben haben, konnte einem noch der Duft frisch gebackenen Brotes in die Nase steigen. Er kam sicher aus den beiden Abluftöffnungen, die auf dem Dachfirst der Bäckerei zu sehen sind.“
Frank Irmer mailt: „Die Aufnahme zeigt das alte Bäckereigebäude in der Vetschauer Straße hinter dem Opel-Autohaus. Die Bäckerei war und ist noch mit einer Brücke mit dem im Hintergrund sichtbaren Kornspeicher verbunden. Zu DDR-Zeiten wurde dort Brot für und mit sowjetischen Soldaten gebacken. Als Kinder haben wir uns immer mal wieder eine Brot erbettelt. Nach der Rodung der Bäume und Sträucher ist der Blick wieder frei auf die Gebäude. Nach jahrelangem Leerstand gibt es wieder Bemühungen um eine Nachnutzung. Leider gibt es zwischen den Eigentümern Streit um das Wegerecht.“

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