Was Fachleute Verockerung nennen, ist für Empörte eine braune Brühe. Gemeint ist die Spree. Während an der Donau im Urlaub eine Reiseführerin erklärte, dass diese als Blaue bezeichnet wird, weil Leo Tolstoi in seinem Roman „Krieg und Frieden“ hier tote im Donauwasser treibende Soldaten in blauen Uniformen beschrieben hat, gibt es für die Braunfärbung der Spree weder eine kriegerische noch eine poetische Vorlage. Eisenhydroxid, das durch den Braunkohle-Tagebau in die Spree gespült wird, sorgt nicht nur für die Braunfärbung, sondern vor allem für Ärger. Statt Hecht klebt den Spreewaldfischern der braune Schlamm im Netz. Die Natur ist bedroht. Dass die Braune-Brühe-Angst jetzt erst in die Köpfe der Menschen schwappt, ist ein Skandal. Denn
als Braunseher haben bereits die
Spremberger, ob Bürgermeister oder NABU, vor vier Jahren die Alarmglocken geläutet. Doch Glocken aus Spremberg wollte wohl niemand hören. Anders ist es nicht zu erklären, warum erst heute händeringend nach Lösungen gesucht wird, wie das
Eisenhydroxid aufgehalten werden kann. Obwohl. Es gibt doch eine Erklärung. Und die heißt Spreewald. Erst als sich die braune Brühe bis zur touristischen Spree vorgearbeitet hat, wurden die Alarmglocken plötzlich laut. Dachten die Experten, das Eisenhydroxid fühlt sich für immer in Spremberg wohl und macht vor einem Biosphärenreservat Halt? Vier Jahre sind verloren. Jetzt wird im Spreewald wild gerudert. Traurig, dass sich nicht einer vor vier Jahren ans Rudern aufmachte. Wahrscheinlich wollte niemand Krieg im Sinne von Arbeit, sondern nur seinen Frieden. Kein Stoff für Tolstoi also. Eher eine Gruselgeschichte. Mathias Klinkmüller